WahlkampfDie FDP setzt auf Lindner und Schwarz-Gelb

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Der doppelte Lindner am Dienstag in Berlin.
Der doppelte Lindner am Dienstag in Berlin. (Foto: TOBIAS SCHWARZ/AFP)

Lindner mit Schal, Lindner im Rollkragenpulli, Lindners Augen in Großaufnahme: Die FDP-Plakate zeigen primär den Parteivorsitzenden – und eine neue Farbe.

Von Bastian Brinkmann, Berlin

Selbst die Fernbedienung von Marco Buschmann ist schwarz-gelb. Der Generalsekretär der FDP steht am Rand, als Parteichef Christian Lindner das Motto der Liberalen für den kurzen, kalten Wahlkampf vorstellt. Der zentrale Slogan lautet: „Alles lässt sich ändern“, sagt Lindner. Per Klick auf der Fernbedienung erscheint der Spruch hinter dem Parteivorsitzenden.

Dass sich alles ändern kann, gilt bei der FDP auch für die Schriftfarbe auf Wahlplakaten. Die Partei verabschiedet sich von den neonpinken Buchstaben des Wahlkampfs 2021 und setzt nun auf schwarze Schrift auf gelbem Grund. Man muss nicht wie Christian Lindner eine Marketingfirma gegründet haben, um auf die passende Assoziation zu kommen: Die FDP kann sich eine Koalition mit den Unionsparteien gut vorstellen. Die schwarze Schrift wirkt im Vergleich zu 2021 weniger poppig-wild und verleiht dieser Kampagne somit etwas mehr Gravitas und Seriosität, was die Liberalen sicherlich genauso gerne sehen wie Presseberichte, die ohne das Wort „D-Day“ auskommen.

Die Wechselwähler sollen nicht vergessen, wer Parteichef ist

Sechs Plakate zeigt die FDP an diesem Dienstag. Damit kein Wechselwähler vergisst, wer der Parteichef der Liberalen ist, haben sie im Genscher-Haus sicherheitshalber auf jedes Plakat ein großes Foto montiert: Lindner mit Schal, Lindner im Hemd, Lindners Augen in Großaufnahme. Für eine Partei, die nach eigenen Angaben mit Sachpolitik punkten will, beweist die FDP einen bewundernswerten Mut, gleichzeitig auch auf Personalisierung zu setzen. Generalsekretär Buschmann präsentiert die Plakate eins nach dem anderen, und als er vor einem überlebensgroßen Christian Lindner im Rollkragenpulli steht, sagt Buschmann: „Wir müssen aufhören, über Oberflächlichkeiten zu sprechen. Wir müssen darüber sprechen, wie man Bürokratie reduziert, wie man Steuern senkt.“

Inhaltlich setzt die FDP auf einen Wirtschaftswahlkampf. Eines der vorgestellten Plakate verspricht den rezessionsgeplagten Deutschen, dass Christian Lindner alles für ihre Arbeitsplätze geben werde. Wobei SPD und Grüne sich daran erinnern dürften, dass „alles“ bei der FDP „alles außer Subventionen“ meint.

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Bisher läuft der Wahlkampf der Liberalen nicht gut, auch wenn er zugegebenermaßen noch nicht lange läuft. Die FDP musste wegen der „D-Day“-Affäre ihren Generalsekretär austauschen. Und Lindner patzte mit zwei ironischen Bemerkungen, die nicht alle lustig fanden: Am Wochenende scherzte er bei einer Charitygala im Fernsehen, dass er wegen seiner „beruflichen Situation“ nicht noch mehr spenden könne. Am Montag nannte er das „D-Day“-Dokument seines ehemaligen Bundesgeschäftsführers ein „Praktikanten-Papierchen“. Die Fünf-Prozent-Hürde schaut sich die Partei jedenfalls bislang von unten an.

Wirtschaftsreformen sind das allerwichtigste Thema

In der Partei gibt es Druck, vor lauter Wirtschaftsreformen die bürgerlichen Freiheiten nicht zu vergessen. Auch weil sich hier die FDP von einer CDU absetzt, die ebenfalls mit Wirtschaftsreformen Wahlkampf macht. Daher präsentiert Buschmann auch ein Motiv, das ausdrücklich die Gesellschaftsliberalen ansprechen soll: „Vater Staat ist nicht Dein Erziehungsberechtigter.“

Doch das Primat liegt bei den Wirtschaftsthemen. Buschmann hat erst kurz vor der Vorstellung der Plakate bei einem Frühstück mit Wirtschaftsvertretern dargelegt, warum er das für richtig hält: Ohne Wachstum gebe es keinen neuen Wohlstand mehr, der verteilt werden könne, warnt Buschmann. „Dann kann man die eigene Lage nur verbessern, indem man anderen etwas wegnimmt.“ Das führe zu einer „Gesellschaft der Wölfe“: Die Menschen bekämen „Angst vor dem Nachbarn, der einem etwas wegnehmen könnte“. Man selbst käme ebenfalls nur voran, indem man jemand anderem etwas wegnähme. „Das ist eine furchtbare Gesellschaft“, sagt Buschmann.

In der Tat ist die deutsche Wirtschaftsleistung heute nicht höher als 2019. Buschmann sieht schon Spuren einer Wolfsgesellschaft hierzulande. Es gebe weniger Zusammenhalt, mehr Aggressivität. In der öffentlichen Debatte würden sich die Menschen gegenseitig anschreien und einander das Schlimmste unterstellen. Der Gedanke der FDP: Gäbe es mehr Wirtschaftswachstum, würde sich auch gesellschaftspolitisch die Lage wieder entspannen. Deshalb sollte nun vordringlich über Wirtschaftsreformen diskutiert werden, fordert Buschmann. Die politischen Parteien sollten nicht stattdessen versuchen, „die Bürger zu betäuben mit irgendwelchen bunten Bildchen“. Zumindest diesen Anspruch erfüllen die FDP-Plakate im Faktencheck spielerisch: Die Fotos von Christian Lindner sind wie gewohnt schwarz-weiß.

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