Fastfood-Schmuggel aus Ägypten:Heiße Hühnchen für Gaza

Fastfood-Schmuggel aus Ägypten: Nicht mehr ganz so heiße Ware: KFC-Tüten auf ihrem Weg in den Gaza-Streifen.

Nicht mehr ganz so heiße Ware: KFC-Tüten auf ihrem Weg in den Gaza-Streifen.

(Foto: Mohammed Abed/AFP)

Autos, Hammelherden, Medizin und Waffen: Durch das Tunnel-System im Grenzgebiet zu Ägypten werden lebensnotwendige Güter, aber auch teurer Luxus für die Reichen in den Gaza-Streifen geliefert. Ein Geschäftsmann bringt nun Menüs von Kentucky Fried Chicken in das abgeriegelte Gebiet. Doch wirklich schnell ist das Fastfood nicht.

1,7 Millionen Menschen leben im Gaza-Streifen. Das 360 Quadratkilometer große Gebiet ist abgeriegelt. Israel und Ägypten kontrollieren die Grenzübergänge und sorgen dafür, dass nur Produkte ins Land kommen, die den Regierungen von Jerusalem und Kairo genehm sind.

Viel ist das nicht - und deshalb helfen sich die Leute selbst. Durch das berüchtigte Gaza-Tunnelsystem werden Waffen, aber auch Lebensmittel und sogar Autos in das von der Hamas kontrollierte Gebiet geschmuggelt. Und seit einigen Wochen auch Fastfood.

Ein Geschäftsmann aus Gaza lässt durch die Tunnels Menüs der US-Schnellrestaurantkette Kentucky Fried Chicken (KFC) liefern, berichtet unter anderem die New York Times. Khalil Efrangi heißt der Mann, er ist 31 Jahre alt und hat sich in den Kopf gesetzt, mit seinem Start-Up Yamama die Palästinenser mit frittierten Hühnchenteilen und Pommes zu beglücken. Möglich wird dies durch die KFC-Filiale im ägyptischen Al-Arisch, das etwas mehr als 50 Kilometer westlich vom Gaza-Streifen liegt.

Alles fing an, als Efrangi für Freunde Fastfood aus Ägypten orderte. Schnell sprach sich die Aktion in der Stadt herum. Es dauerte nicht lange, bis Khalil Efrangi von Anfragen überhäuft wurde.

Inzwischen hat er sein Geschäft professionalisiert und ausgebaut. In den vergangenen Wochen koordinierte Efrangi alleine vier Lieferungen mit etwa 100 Menüs. Ganz billig ist so eine Hähnchen-Fuhre allerdings nicht. Ein Eimer mit zwölf Geflügelteilen kostet bei Yamama umgerechnet stolze 21 Euro. In der ägyptischen KFC-Filiale ist er schon für neun Euro zu haben. Für den Geschäftsmann aus Gaza lohnt sich die Mühe: Zieht man alle Kosten ab, bleiben bei Khalil Efrangi pro Fastfood-Menü etwa fünf Euro Gewinn hängen.

Vier Stunden für eine Lieferung

Ob der Begriff Fastfood in diesem Zusammenhang überhaupt passt? Denn schnell ist dieser Lieferservice nicht. Bis zu vier Stunden kann es dauern, bis eine KFC-Tüte Gaza-Stadt erreicht.

Aber sie hat auch einen komplizierten Weg hinter sich: In Al-Arisch nimmt ein Taxifahrer die heiße Ware im KFC-Schnellrestaurant in Empfang und fährt zum Grenzübergang von Rafah. Dort wartet auf der anderen Seite schon Ramzi al-Nabih, den Grenzbeamten besser bekannt als "Kentucky-Guy".

Al-Nabih ruft seinen Kollegen aus Ägypten an und sagt ihm, für welchen Tunnel die Lieferung bestimmt ist. Junge Ägypter bringen die Tüten dann durch das Tunnelsystem. "Kentucky-Guy" al-Nabih bezahlt sie, packt die Lieferung in seinen Hyundai und fährt nach Gaza-Stadt. Dort nimmt Khalil Efrangi in seinem Yamama-Shop die Ware in Empfang, gibt sie an Motorrad-Kuriere weiter, die wiederum die Endkunden beliefern, berichtet der britische Telegraph.

Fastfood als Luxus

Die Speisekarte ist nicht allzu umfangreich. Yamama beschränkt sich auf Hühnchenteile, Pommes Frites, Krautsalat und Apfelkuchen. Bei allen anderen Produkten sei die Lieferung zu kompliziert, sagt Efrangi, der seinen Service bei Facebook bewirbt.

Dass die Mahlzeit nicht mehr ganz frisch ist, wenn sie die Kunden erreicht, stört diese nicht. "Ich habe das in den USA und in Ägypten probiert und ich vermisse den Geschmack", sagt ein junger Palästinenser in der New York Times. Ein Student aus Gaza sagte der Nachrichtenagentur AFP: "Es ist nicht gerade heiß, aber wirklich sehr lecker".

Fastfood von KFC ist in Gaza ein Luxusprodukt. Doch vor allem werden die Tunnels für lebenswichtige Waren genutzt, ohne die das Überleben im abgeriegelten Gaza-Streifen schwer möglich wäre. So kommen auch Benzin, Medikamente, Kleider und Elektrogeräte auf diesem Weg ins Land. Zu islamischen Opferfesten werden ganze Hammelherden durch die Tunnels getrieben. Aber auch Waffen erreichen so Gaza. Profiteure: die Tunnelbarone, die den unterirdischen Warenverkehr kontrollieren.

Linktipps:

Wie die Fastfood-Lieferung von Ägypten nach Gaza funktioniert.

Alles zum Grenzverkehr unter Tage durch das Tunnelsystem.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: