Süddeutsche Zeitung

Familienpolitik:Väter wollen mehr Zeit für Kinder

Viele möchten weniger arbeiten und den Haushalt gerechter aufteilen, zeigt eine Studie. Die Realität sieht anders aus.

Von Henrike Roßbach, Berlin

Auch bei Vätern klaffen Wunsch und Wirklichkeit auseinander, wenn es um Beruf und Familie geht. Sie verbringen weniger Zeit mit ihren Kindern, als sie sich wünschen - und mehr Zeit bei der Arbeit, als es ihren Vorstellungen entspricht. Das ist das Ergebnis des neuen Väterreports des Bundesfamilienministeriums, der an diesem Mittwoch veröffentlicht werden soll und der SZ vorab vorlag. Er basiert auf einer repräsentativen Onlinebefragung von Eltern mit Kindern unter zehn Jahren durch das Meinungsforschungsinstitut Allensbach.

Den Daten nach fänden es 55 Prozent der befragten Väter ideal, wenn beide Elternteile jeweils die Hälfte der Betreuung übernähmen - aber nur 25 Prozent sagen, das sei bei ihnen schon der Fall. 92 Prozent der berufstätigen Väter arbeiten in Vollzeitjobs, aber nicht einmal die Hälfte findet das gut so. Im Schnitt wären ihnen 32 Wochenstunden am liebsten, tatsächlich arbeiten sie durchschnittlich 39 Stunden.

Auch 30 Prozent der Mütter würden gerne weniger arbeiten. Gleichzeitig aber ist der Anteil der Mütter, die ihre Arbeitszeit ausweiten wollen, mit 14 Prozent doppelt so hoch wie bei den Vätern. "Es ist ein täglicher Spagat, Familie und Beruf gut unter einen Hut zu bekommen und die Zeit miteinander zu haben, die sich Eltern und Kinder wünschen", sagte Bundesfamilienministerin Christine Lambrecht (SPD) der SZ.

Aus den Erkenntnissen der Befragung könnten die Parteien, die derzeit Sondierungsgespräche zur Bildung einer neuen Bundesregierung führen, durchaus einen Auftrag ableiten: Entsprechend ihrer Unzufriedenheit mit dem Status quo wären knapp sechs von zehn Eltern für eine staatlich geförderte Teilzeit für Familien; also für einen Zuschuss, wenn beide Elternteile eine Zeit lang in (vollzeitnaher) Teilzeit arbeiten. Auch Lambrecht sagte mit Blick auf den Väterreport, dass Familien durch "moderne Familienleistungen, die Partnerschaftlichkeit fördern", unterstützt werden müssten, ebenso durch gute Kitas und Ganztagsschulen.

Zumindest SPD und Grüne haben Forderungen nach geförderter Teilzeit für Familien in ihren Wahlprogrammen: die Sozialdemokraten nennen es eine "Familienteilzeit", die Grünen "Kinderzeit Plus".

Die Befragungen der Eltern fanden Ende Januar und Mitte Februar dieses Jahres statt - also während viele Kinder pandemiebedingt zu Hause waren. Das hat Spuren hinterlassen: Im Februar, heißt es in dem Report, hätten 40 Prozent der Väter mit Kindern unter 15 Jahren angegeben, zusätzliche Betreuungsaufgaben übernommen zu haben. Dass sich die Väter "mehr als je zuvor" um die Bildung und Betreuung ihrer Kinder gekümmert hätten, nennt Lambrecht Erfahrungen, "an die nicht nur Familien individuell, sondern auch wir als gesamte Gesellschaft anknüpfen können". Aber: Kinderkrankentage haben auch in Corona-Zeiten überwiegend die Mütter in Anspruch genommen. Nach Daten der Barmer Krankenkasse entfiel 2020 nur knapp ein Viertel der Kinderkrankengeld-Fälle auf Väter.

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