Vor ihrer Zeit als Ministerin ist Kristina Schröder, die damals noch Köhler hieß, mit Warnungen vor "Deutschenfeindlichkeit" aufgefallen. In Porträts über sie wird gerne erwähnt, dass sie schon als Schulmädchen Poster von Helmut Kohl an ihre Zimmerwand gepinnt hat. Ansonsten ist sie als Abgeordnete der CDU im Bundestag eher nicht in Erscheinung getreten.
Ihr Glück war, dass Franz Josef Jung kurz nach der Wahl 2009 zurücktreten musste. Der Parteienproporz verlangt, dass für den Hessen ein Hesse ins Kabinett nachrückt. Oder eine Hessin. Und so bekam Kristina Schröder die Chance ihres Lebens. Sie wurde Ministerin für Familien, Senioren, Frauen und Jugend.
Damit war die Zeit des politischen Glücks auch schon vorbei. Wenn sie jetzt ihre hochgeachtete Leiterin der Abteilung "Gleichstellung und Chancengleichheit", Eva Maria Welskop-Deffaa, mit 53 Jahren in den einstweiligen Ruhestand versetzt, fügt sich das nahtlos ein in eine ganze Phalanx von politischen Fehleinschätzungen und Dilettantismen, die mit mangelnder Erfahrung kaum noch zu erklären sind.
Mit Rückendeckung der Kanzlerin
Keine Politikerin steht so unter Druck wie die heute 34 Jahre alte Schröder. Und kaum eine Politikerin hat sich derart offensiv selbst in diese prekäre Situation gebracht. Sie wirkt wie jemand, der gerne forsch voranschreitet, plötzlich an einem Abgrund steht, und dann einfach weitergeht, weil er sich nicht eingestehen kann, sich verlaufen zu haben.
Sie hatte 2009 ein schweres Erbe anzutreten. Das Ministerium übernahm sie von der überaus erfolgreichen Ursula von der Leyen. Die hatte praktisch gegen die komplette CDU das Elterngeld-Konzept ihrer SPD-Vorgängerin Renate Schmidt durchgepaukt. Freilich mit voller Rückdeckung der Kanzlerin. Auf einen Schlag schien sich die CDU familienpolitisch aus der verstaubten Kohl-Ära verabschiedet zu haben.
Schröder wartet auf solche Erfolge vergeblich. Ihr Konzept der Familienpflegezeit ist zwar inzwischen Gesetz. Allerdings hat davon wegen der Konstruktionsmängel kaum einer Notiz genommen.
Warnung vor dem Kalifat
Kurz nach Amtsübernahme macht sie mit ihrer Doktorarbeit Schlagzeilen. Sie nutzte für das Werk ausgiebig ihre Privilegien als Bundestagsabgeordnete. Professoren sprechen von einer "Typ-II"-Dissertation, die Karrieristen gerne abliefern. Der wissenschaftliche Erkenntnisgewinn tendiert gegen null, der Aufwand ist überschaubar. Dafür schmückt bei Erfolg ein schöner Titel den Namen.
Mit der Wissenschaft scheint Schröder ohnehin auf Kriegsfuß zu stehen. Studien interpretiert sie gerne derart um, dass die beteiligten Wissenschaftler nachher auf die Barrikaden gehen, um weitere Fehldeutungen zu vermeiden. Mal sieht sie Zwangsverheiratungen, wo keine sind. Mal liest sie in einem wissenschaftlichen Werk eine Zunahme "deutschenfeindlicher Gewalt" heraus, die nach Ansicht des Autors jedoch nie festgestellt wurde. Nahezu allergisch reagiert sie auf den Islam. Da warnt sie auch schon mal vor einem "europäischen Kalifat".
Als Ministerin hat sich Schröder dem Kampf gegen den Extremismus verschrieben - mit ihrer "Extremismusklausel" aber reihenweise angesehene Vereine und Projekte verprellt. Wer Fördergeld dafür haben will, das Andenken an Opfer des Nazi-Terrors hochzuhalten, der muss jetzt zunächst schriftlich versichern, die freiheitliche demokratische Grundordnung in Deutschland zu achten. Ein Generalverdacht, den das Verwaltungsgericht Dresden kürzlich zumindest in Teilen einkassiert hat.
Dagegen hatte sie Mittel gegen Rechtsextremismus ursprünglich zusammenstreichen wollen. Erst als Ende 2011 die Morde der rechten Terrorzelle NSU bekannt wurden, nahm sie davon Abstand.
Wenn es um das Thema Frauen geht, schließt sich der Kreis der Schröder'schen Seltsamkeiten. Viele Frauenorganisationen erscheint es inzwischen wie Hohn, dass sich Schröder noch Frauenministerin nennen darf. Mit ihrem Buch Danke, emanzipiert sind wir selber! vertrieb sie auch wohlmeinende Frauen von ihrer Seite. Die hatten bis dahin noch die vage Hoffnung, eine junge Ministerin mit Kind könne ein modernes Frauenbild vermitteln. Stattdessen streitet diese Ministerin jetzt für das umstrittene Betreuungsgeld.
Es droht eine ungeheure Klagewelle
Schröder hat es sich zur Gewohnheit gemacht, in Fettnäpfchen zu treten, die sie sich selbst hingestellt hat. Das nächste wartet schon. Es könnte das größte in ihrer politischen Karriere sein. Von Sommer 2013 an gilt der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder unter drei Jahren. Schröder verspricht, dass dieser Rechtsanspruch erfüllt werde.
Dabei ist jetzt schon klar, dass das nicht funktionieren kann. Vor allem in den Städten schlagen die Bürgermeister Alarm, das Personal und vor allem der Platz fehle, um die Zahl der Kita-Plätze rechtzeitig dem Bedarf anzupassen. Es droht eine ungeheure Klagewelle.
Schröder könnte die Eltern vorwarnen, könnte die schwierige Situation erklären. Stattdessen erneuert sie ihr Versprechen. Einlösen muss sie es dann im Sommer 2013, kurz vor der Bundestagswahl. Es könnte dann das letzte Versprechen sein, dass sie als Bundesministerin abgibt.