Familienarbeitszeit:300 Euro Prämie, wenn beide Eltern "vollzeitnah" arbeiten

Bundesfamilienministerin Schwesig zur Familienarbeitszeit

Mit ihrem Modell eines Familiengeldes will Familienministerin Manuela Schwesig die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter fördern.

(Foto: dpa)
  • Bundesfamilienministerin Schwesig will mit einer neuen Leistung Eltern unterstützen, die neben einem Vollzeitjob mehr Zeit für die Kinder haben wollen.
  • Am Montag präsentierte die Ministerin in Berlin ihr Modell einer Familienarbeitszeit.
  • Die Grünen kritisieren Schwesigs Vorhaben als wirkungslos.

Von Constanze von Bullion, Berlin

Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) will junge Eltern motivieren, sich Familienzeit und berufliche Chancen gerechter aufzuteilen, auch hinsichtlich der Altersvorsorge. Schwesig schlägt dafür ein Familiengeld vor. Reduzieren beide Eltern ihre Arbeitszeit, gehen aber noch "vollzeitnah" arbeiten, also zwischen 28 und 36 Stunden in der Woche, sollen sie nach Schwesigs Willen 300 Euro im Monat erhalten, bis das Kind acht Jahre alt ist. Das soll verhindern, dass Mütter, die eigentlich gerne früher in den Beruf zurückkehren würden, über Jahre in Teilzeit oder gar nicht arbeiten und so Altersarmut riskieren.

"Ich möchte Väter ermutigen, sich mehr um ihre Kinder zu kümmern", sagte Schwesig am Montag in Berlin. "Und ich möchte Mütter ermutigen, trotz Kindern weiter berufstätig zu bleiben, damit sie ihre Existenz sichern können."

Die Familienministerin hat ihre Forderung einer staatlich geförderten Familienarbeitszeit in ähnlicher Form schon zu Beginn der Legislaturperiode vorgetragen. Damals ließ der Koalitionspartner sie abblitzen, und es gibt keine Hinweise, dass sich daran etwas ändert. Das hält Schwesig nicht ab, ihre Idee im beginnenden Wahlkampf erneut zu präsentieren. Als Familienministerin sei sie gefordert, "auch Vorschläge zu machen, die über die Legislaturperiode hinausgehen", sagte sie.

Auch CDU und CSU müssten beantworten, wie sie Chancengleichheit für Eltern fördern wollen. SPD-Chef Sigmar Gabriel unterstützte Schwesig. "Eltern brauchen mehr Zeit - für einander, für ihre Kinder und für sich", sagte er der Süddeutschen Zeitung. "Mit der Familienarbeitszeit sorgen wir dafür, dass der Staat Familien dabei unterstützt, Beruf und Familie unter einen Hut zu bekommen. Das ist lange überfällig."

300 Euro für echte Alleinerziehende

Eine Milliarde Euro soll das Familiengeld laut Familienministerium im Jahr kosten und auch Eltern angeboten werden, die selbständig arbeiten oder getrennt leben. In diesem Fall sollen Mutter und Vater jeweils 150 Euro erhalten, pro Kind und Monat. Echten Alleinerziehenden will Schwesig pro Kind 300 Euro zukommen lassen.

Union und auch Grüne kritisierten die Idee der Familienarbeitszeit schon vor zwei Jahren als unflexibel. Damals forderte Schwesig finanzielle Anreize für Eltern, die ihre Arbeitszeit beide auf 32 bis 36 Stunden reduzieren. Nach einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) teilen sich aber nur drei Prozent Eltern ihre Arbeitszeit so auf. In einer anderen DIW-Studie hieß es, zwei von drei Eltern kleiner Kinder wünschten sich eine gerechte Aufgabenteilung. Nur 14 Prozent aber verwirklichten sie. Vielen Familien fehlt zu viel Geld in der Haushaltskasse, wenn der meist besser verdienende Vater zurücksteckt. Oft lassen sich die Jobs beider Eltern auch nicht in passgerechter Teilzeit erledigen. Weil es dann meist Mütter sind, die ihre Arbeitszeit reduzieren, wächst mit Altersarmut auch die Lohnlücke zwischen den Geschlechtern.

Um das Familiengeld mehr Eltern zugänglich zu machen, hat Schwesig den Arbeitszeitkorridor nun etwas verbreitert, auf 28 bis 36 Wochenstunden: Die Eltern müssten nicht gleich viel arbeiten, aber beide genug, um eine solide Altersversorgung zu erwirtschaften. Von den Grünen kam erneut Kritik. "Das von Ministerin Schwesig heute vorgestellte Familiengeld hat ein viel zu enges Korsett für die meisten Familien. Deshalb wird es wirkungslos verpuffen", warnten die Familienpolitikerinnen Katja Dörner und Franziska Brantner. Dass beide Eltern eine Vollzeitstelle auf 80 bis 90 Prozent reduzieren könnten, funktioniere nur im öffentlichen Dienst.

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