Süddeutsche Zeitung

Familien:Cottbus versus Eichstätt

Jedes dritte Kind in Deutschland kommt nicht-ehelich zur Welt. Im Osten haben sogar 58 Prozent der Neugeborenen unverheiratete Eltern.

Von Constanze von Bullion, Berlin

Mehr als jedes dritte Kind in Deutschland kommt in einer unehelichen Partnerschaft zur Welt. In den ostdeutschen Ländern haben sogar fast doppelt so viele Kinder unverheiratete Eltern. Zuletzt sank aber auch die Zahl der Ehescheidungen bundesweit leicht. Das geht aus einer Auswertung des Kölner Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) hervor. Nach dem Bericht kamen 2014 im Osten Deutschlands 58 Prozent der Kinder nicht-ehelich zur Welt, doppelt so viele wie im Westen, wo es 29 Prozent waren. Das Ost-West-Gefälle fällt noch größer aus, wenn man einzelne Regionen vergleicht. So erreichte der Anteil unehelicher Kinder im brandenburgischen Cottbus 68,8 Prozent, im bayerischen Eichstätt dagegen waren es nur 14,6 Prozent. Die Unterschiede führen Forscher auf gesellschaftliche Prägungen vor der Wende zurück. 2015 lebten in Deutschland 5,2 Millionen Kinder bei unverheirateten Eltern, 3,8 Millionen bei alleinerziehenden Müttern und Vätern.

Angesichts der Zahlen kritisierten Vertreter von SPD, CDU und Grünen das Steuerrecht. "Wir als SPD wollen Familien mit Kindern steuerlich besser fördern - egal, ob die Eltern verheiratet sind oder nicht", sagte SPD-Familienministerin Manuela Schwesig. Der familienpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Marcus Weinberg, sieht das ähnlich. "Nicht die Beziehungsform der Eltern darf allein für staatliche Entlastung entscheidend sein, sondern die Frage, ob Kinder im Haus leben", sagte er. Die CDU wolle das Ehegattensplitting aber nicht abschaffen. Verheiratete bräuchten "Bestandsschutz". Die grüne Vize-Fraktionsvorsitzende Katja Dörner kritisierte das Zögern der Koalition bei der Abschaffung des Ehegattensplittings. "Wir können und sollten die Familienförderung sofort umstellen und am Kind ausrichten", forderte sie.

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Quelle:
SZ vom 16.07.2016
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