Familie:Schwierige Vereinfachung

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Elterngeld und Elterngeld Plus sind beliebt - und berüchtigt: Die Antragsteller müssen eine Menge Bürokratie bewältigen. Das komplexe Verfahren soll aber einfacher werden und auch digital, verspricht das Bundesfamilien­ministerium. Wann genau, ist noch unklar.

Von Henrike Roßbach, Berlin

Wenn Eltern befreundeten Paaren, die ihr erstes Kind erwarten, Tipps geben, dann ist einer fast immer darunter: den Elterngeldantrag schon vor der Geburt so gut wie fertig zu machen. Denn mit einem Neugeborenen auf dem Arm haben die wenigsten Zeit und Nerven, die Gehaltsabrechnungen der vergangenen zwölf Monate und die Bescheinigungen des Arbeitgebers und der Krankenkasse zum Mutterschaftsgeld zusammenzusuchen, Einkommen aus selbständiger Arbeit und Lohnersatzleistungen zu addieren und mehrseitige Formulare auszufüllen.

Noch etwas komplizierter als beim "normalen" Elterngeld sind die Dinge oft beim Elterngeld Plus, das den Elterngeldbezug mit einer Teilzeit-Rückkehr in den Job kombiniert. Es wird maximal doppelt so lange gezahlt, dann aber nur in halber Höhe. Für alle nach dem 1. Juli 2015 geborenen Kinder gibt es diese Option - und sie ist durchaus beliebt. Im ersten Quartal des laufenden Jahres haben sich knapp 31 Prozent der Elterngeldempfänger für diese Variante entschieden.

Dass der Kosmos Elterngeld ein aufwendiger ist, bestätigt auch das Bundesfamilienministerium in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion. Der Verwaltungsaufwand für Elterngeld, Elterngeld Plus und Partnerschaftsbonus betrage 20,7 Millionen Euro im Jahr, heißt es darin. Ebenfalls deutlich wird, dass die Vereinfachung und Digitalisierung dieser Familienleistung nur langsam vorankommt: Im Frühjahr 2016 sei das Projekt "Elterngeld Digital" gestartet; Ziel sei ein Online-Assistent, der die Antragsteller in verständlicher Sprache durch den Prozess führt. Aktuell befinde sich das Projekt in einer "Entwicklungs- und Erprobungsphase"; in den ersten Ländern soll der Assistent dieses Jahr freigeschaltet werden. Zeit gekostet haben offenbar "die Notwendigkeit datenschutzrechtlicher Anpassungen" und die Abstimmung mit den Ländern, die für die Antragsformulare zuständig sind.

Noch sei die Antragstellung viel zu kompliziert, kritisiert der familienpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Grigorios Aggelidis. "Bei Bürokratie- und Beratungskosten von über 20 Millionen Euro müssen endlich verständlichere, digitale Lösungen angeboten werden." Immerhin: In seiner Antwort teilt das Ministerium schon mal mit, "Möglichkeiten zur Vereinfachung für Eltern und Verwaltung" würden derzeit geprüft.

© SZ vom 27.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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