Familie:Mutter, Mutter, Kind

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Ein Expertenbericht soll aufzeigen, wie das Abstammungsrecht modernisiert werden kann. Doch brisante Themen wie Leihmutterschaft und Eizellenspende werden nicht behandelt.

Von Wolfgang Janisch

Sicher ist es nicht verkehrt, wenn man bei Änderungen des Familienrechts behutsam zu Werke geht. Die Wirklichkeit verändert sich ganz von selbst rasant. Neue Lebensformen multiplizieren sich mit modernen Reproduktionstechniken - da wird es schnell unübersichtlich. Deshalb müssen Reformer in Ruhe überlegen dürfen, ob neue Elternformen das gewährleisten können, was Familie nun mal liefern soll: Sicherheit, Geborgenheit, Verantwortung. Der Arbeitskreis Abstammung, eingerichtet vom Bundesjustizministerium, hat einen in dieser Hinsicht grundvernünftigen Bericht geschrieben. Die biologische Abstammung bleibt ein zentraler Anker im Hafen der Familie. Aber wo Elternverantwortung auch ohne Gene faktisch besteht, soll sie gestärkt werden - etwa durch die Co-Mutterschaft für lesbische Paare, die mit der Ehe für alle ohnehin überfällig wäre.

Trotzdem ist der Bericht ärgerlich. Nicht nur, weil er ins Nirwana der endenden Legislaturperiode geschickt wird. Sondern vor allem, weil die wirklich brisanten Themen kaum behandelt wurden - Leihmutterschaft und Eizellenspende. Dafür kann der Arbeitskreis nichts; sein Auftrag war begrenzt, weil für die ausgesparten Fragen das Gesundheitsministerium zuständig gewesen wäre. Aber eine Expertise, welche die Debatte wirklich voranbringt, hätte einen umfassenden Ansatz benötigt.

Warum darf Samen gespendet werden, eine Eizelle aber nicht?

Die Leihmutterschaft zum Beispiel stürzt die Gerichte in ein wahres Dilemma. In Deutschland ist es verboten, das Austragen eines Kindes bei einer Leihmutter in Auftrag zu geben. In vielen anderen Staaten ist das erlaubt, etwa in Kalifornien, wo sich schwule Paare mithilfe einer Leihmutter zu Doppelvätern erklären lassen können. Der Bundesgerichtshof hatte eine solche zweifache Vaterschaft für Deutschland anerkannt - und damit faktisch die Tür zum Import von Leihmutter-Kindern geöffnet. Im Einzelfall ist das verständlich, weil das Kind nun mal geboren ist und Sicherheit benötigt. Zugleich aber leistet der Staat damit Beihilfe zur Schaffung einer ethisch äußerst fragwürdigen Geburtenindustrie, in der Geld eine große Rolle spielt und der Schutz der Leihmutter eine kleine. Darüber muss dringend debattiert werden, gerade im Kontext von Familie und Kindeswohl.

Diskutiert werden muss auch über die Eizellenspende. Sie ist in Deutschland ebenfalls verboten, allerdings sind die Argumente dafür deutlich dünner als bei der Leihmutterschaft. Warum darf der männliche Samen, nicht aber die weibliche Eizelle gespendet werden? Medizinisch lässt sich das nicht ohne Weiteres rechtfertigen. Was ein solches Verbot faktisch auslöst, kann einen dagegen schon ins Grübeln bringen. Früher fuhren die Frauen in die Niederlande zur Abtreibung, heute reisen sie zur Befruchtung nach Spanien.

Wie gesagt: Es ist gut, mit Sorgfalt an solche Fragen heranzugehen - aber auch mit Entschlossenheit. Der Arbeitskreis, in dem ausgewiesene Fachleute sitzen, wäre dazu berufen gewesen.

© SZ vom 04.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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