Familie bestätigt Tod:Deutsche Geisel in der Sahara gestorben

Das Drama um die in der Sahara entführten Touristen hat sich am Dienstag zugespitzt, nachdem der Tod einer der Geiseln bekannt wurde. Bei dem Opfer handelt es sich um die 45 Jahre alte Michaela Spitzer aus Augsburg. Das bestätigte ein Angehöriger der "Süddeutschen Zeitung".

Von Nico Fried und Dieter Baur

(SZ vom 30. Juli 2003) Der Ex-Ehemann war zuvor nach eigenen Angaben von der Polizei informiert worden. Das Auswärtige Amt wollte die Nachricht vom Tode Spitzers allerdings weder bestätigen noch dementieren. Der Verbleib der 14 übrigen seit mehreren Monaten verschleppten Geiseln aus Deutschland, der Schweiz und den Niederlanden ist weiter unklar.

Michaela Spitzer soll bereits vor einigen Wochen an den Strapazen in der Sahara verstorben sein. Die Entführer und ihre Geiseln bewegen sich dort bei Temperaturen von weit über 40 Grad in einer extrem kargen und schwer zugänglichen Region. Nach Informationen der ARD wurde Spitzer wahrscheinlich von den Entführern in der Wüste begraben.

Spitzer hinterlässt zwei Kinder

Neben ihrem Ex-Mann hinterlässt sie zwei Kinder. Damit befinden sich jetzt noch 14 Touristen in der Hand der Entführer. Neun von ihnen kommen aus Deutschland, vier aus der Schweiz, einer aus den Niederlanden.

Insgesamt waren zwischen Ende Februar und Mitte März diesen Jahres 32 Touristen in der Sahara verschleppt worden. Bereits Anfang Juli hatte es Gerüchte gegeben, dass eine der deutschen Geiseln gestorben sei.

Dafür konnte die Bundesregierung zu diesem Zeitpunkt jedoch keine Bestätigung bekommen. In den letzten Tagen gab es jedoch geheimdienstliche Erkenntnisse, welche die Gerüchte bestätigten.

Das Auswärtige Amt in Berlin wollte die Nachricht vom Tod Michaela Spitzers weder bestätigen noch dementieren. "Die Bundesregierung unternimmt weiterhin alles in ihrer Macht Stehende, um den Betroffenen zu helfen", hieß es. Man könne sich aber nicht zu Details äußern.

"Im Interesse der Betroffenen, die sich nach wie vor in einer sehr schwierigen Lage befinden, kann die Bundesregierung keinerlei Angaben machen." Ausdrücklich baten Vertreter des Auswärtigen Amtes um Verständnis für die Nachrichtensperre.

Die Bundesregierung stehe jedoch im regelmäßigen Kontakt mit den Angehörigen der Geiseln. Diese würden "ausführlich und intensiv" über die Erkenntnisse unterrichtet.

Spekulationen um Aufenthaltsort der übrigen Geiseln

Der Verbleib der übrigen Geiseln bleibt weiter unklar. Spekulationen, die Entführer könnten sich mit den Verschleppten nach Mali abgesetzt haben, wurden bislang von keiner Seite offiziell bestätigt. Die malische Regierung bestritt vielmehr entsprechende Meldungen auch am Dienstag.

Auch die Berichte algerischer Zeitungen sind in dieser Frage seit Tagen widersprüchlich. Angeblich soll das algerische Militär als Gegenleistung für die Freilassung der Geiseln einen freien Abzug der Entführer in das südliche Nachbarland Mali zugesichert haben. Dies war allerdings noch am Sonntag vom algerischen Innenminister Yazid Zerhouni dementiert worden, nach dessen Angaben sich die Geiseln weiterhin in Algerien aufhalten.

Algier macht islamistische Gruppe verantwortlich

Dennoch gilt die Einbeziehung Malis in das Geiseldrama als sehr wahrscheinlich, seit sich der Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Jürgen Chrobog, vergangene Woche für einen Tag in der Hauptstadt Bamako zu Gesprächen mit der Regierung aufgehalten hat. Chrobog koordiniert auf Seiten der Bundesregierung die Bemühungen um eine Freilassung der Geiseln.

Die Regierung in Algier macht die islamistische Salafisten-Gruppe für Predigt und Kampf (GSPC) für die Entführung verantwortlich. Der Gruppe werden Kontakte zum Terrornetzwerk al-Qaida nachgesagt. Sie selbst hat sich allerdings niemals zu den Entführungen bekannt.

Mitte Mai war eine Gruppe von 17 entführten Touristen, mutmaßlich durch eine Aktion des algerischen Militärs, aus der Hand der Entführer befreit worden. Ob daran auch Sicherheitskräfte aus Deutschland beteiligt waren, ist unklar.

Die Bundesregierung bemühte sich unter anderem durch Besuche mehrerer Vertreter um die Freilassung der Geiseln. Innenminister Otto Schily und Außenminister Joschka Fischer waren jeweils einmal in Algier, Staatssekretär Chrobog war in Algier und in Bamako. Auch der Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND), August Hanning, war an Gesprächen in Algier beteiligt. Darüber hinaus steht die Bundesregierung in Kontakt mit den betroffenen Behörden.

(sueddeutsche.de)

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