Falsche Freunde:Auf- und Abstieg der Schill-Partei

Die politische Karriere des Hamburger Innensenators Ronald Barnabas Schill ist mit einem Paukenschlag zu Ende gegangen. Vorläufig zumindest.

Marten Rolff

(SZ vom 20.08.2003) - Mit seiner Drohung, er werde eine homosexuelle Beziehung des Hamburger Bürgermeisters Ole von Beust (CDU) zu seinem Justizsenator Roger Kusch und die damit verbundene Vetternwirtschaft publik machen, hat Schill hoch gepokert - und verloren.

Doch ist der Abgang des Innensenators symptomatisch für die kurze Geschichte seiner "Partei Rechtsstaatlicher Offensive" (PRO), die jeder unter dem Namen Schill-Partei kennt, da sie untrennbar mit dem Namen ihres Gründers und heutigen Ehrenvorsitzenden verbunden ist. Eine Partei, die sich seit ihrer Gründung im Juli 2000 gern derart am Getöse der eigenen Paukenschläge berauschte, dass sie darüber den Sinn für die politischen Realitäten zu verlieren drohte.

Ein Paukenschlag machte die Schill-Partei bundesweit bekannt, als sie bei der Hamburger Bürgerschaftswahl im September 2001 aus dem Stand ein Sensationsergebnis von 19,4 Prozent erzielte. Der Jurist Ronald Schill, zuvor wegen seiner ungewöhnlich harten Urteile als "Richter Gnadenlos" bekannt geworden, avancierte damit zum Innensenator und Zweiten Bürgermeister der Stadt.

"Altere Männer mit niedrigem Bildungsniveau"

Vorausgegangen war dem Erfolg eine Phase großer Parteienverdrossenheit der Wählerschaft. Rechtspopulist Schill verlegte sich daraufhin in einem Law-and-Order-Wahlkampf auf simple Antworten und beeindruckte damit Meinungsforschern zufolge vor allem "ältere Männer mit niedrigem Bildungsniveau":

Halbierung der Kriminalität in der deutschen "Hauptstadt des Verbrechens", Zerschlagung der Drogenszene und Bekämpfung von Bürokratie und Polit-Filz lauteten die Stichworte eines Programms, dessen einziges Thema die Innere Sicherheit war.

So leicht sich die Schill-Partei mit Versprechen getan hatte, so schwer tat sie sich mit deren Umsetzung. So endete Schills Zusage, er werde 2000 neue Polizisten einstellen, mit dem gescheiterten Versuch, Helfer aus anderen Ländern abzuwerben. Bayern und Berlin schickten ein paar - oft nur leihweise für wenige Wochen.

Preußischblaue Uniformen und Anti-Schlagloch-Programm

Geblieben ist der Hamburger Polizei dafür ein Uniformentwurf des Designers Luigi Colani. Dass das Preußischblau die Autorität der Beamten aufwerten wird, wie von Schill beabsichtigt, bezweifeln jedoch viele. Schills Weggefährte, Bausenator Mario Mettbach, der mit einem Anti-Schlagloch-Programm für Furore sorgen wollte, wäre fast selbst gestolpert, weil er seine Lebensgefährtin zur persönlichen Referentin gemacht hatte.

Vetternwirtschaft, wilde Partygerüchte und inzwischen widerlegte Kokainvorwürfe gegen ihren Vorsitzenden verschafften der Schill-Partei regelmäßig mehr Schlagzeilen als die politische Arbeit.

Glücklos blieb die Partei auch bei dem Versuch, bundesweit Bedeutung zu erlangen. Zwar gründete sie mit Problemen Landesverbände in zehn Bundesländern, übersprang aber bei keiner Wahl die Fünf-Prozent-Hürde. Widerwillig ließ Schill sich überreden, bei der Bundestagswahl 2002 anzutreten. Ein desaströses Ergebnis von 0,8 Prozent sollte ihm Recht geben.

Eklat bei Schills einzigem Bundestagsauftritt

Bundespolitisch bleibt Schill damit vor allem mit seinem einzigen Bundestagsauftritt im August 2002 in Erinnerung: Dort kam es zum Eklat, als Schill vorangegangene Bundesregierungen der Unfähigkeit bezichtigte, Geldengpässe bei der Fluthilfe mit der Ausländerpolitik in Verbindung brachte und unbegrenzte Redezeit forderte.

Damals hatte Ole von Beust noch versichert, zu einer solchen Entgleisung werde es nie wieder kommen.

(sueddeutsche.de)

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