Fall Skripal:EU scheut Schuldzuweisung gegen Moskau

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Der neue deutsche Außenminister Heiko Maas (rechts) stellt sich im Fall Skripal an die Seite Großbritanniens. Insgesamt aber sind die EU-Außenminister weniger entschieden, offenbarte ein Treffen in Brüssel. (Foto: dpa)

Nach dem Giftanschlag auf einen russischen Ex-Spion vermeiden es die EU-Außenminister, Russland klar verantwortlich zu machen. Das liegt vor allem an der griechischen Regierung.

Von Daniel Brössler, Brüssel

In der westlichen Front gegenüber Russland nach dem Nervengiftanschlag von Salisbury zeigen sich erste Risse. "Die Europäische Union nimmt die Einschätzung der britischen Regierung äußerst ernst, dass höchstwahrscheinlich die Russische Föderation verantwortlich ist", heißt es in einer Erklärung, auf die sich die EU-Außenminister am Montag verständigten.

Die Minister bekundeten "uneingeschränkte Solidarität", vermieden aber eine klare Schuldzuweisung. Vor allem Griechenland pochte auf Beweise. Es gehe zunächst um "Aufklärung", sagte auch Österreichs Außenministerin Karin Kneissl.

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Damit blieb die EU hinter der Versicherung Deutschlands, Frankreichs und der USA zurück, dass man Londons Einschätzung teile. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini verwies in diesem Zusammenhang auf die unterschiedlich ausgeprägte Zusammenarbeit der einzelnen EU-Staaten mit britischen Geheimdiensten. Deutschland stehe "fest an der Seite" Großbritanniens, bekräftigte Bundesaußenminister Heiko Maas. "Alle Informationen, die wir haben, deuten darauf hin, dass es keine alternative plausible Erklärung dafür gibt, dass hier auch eine Mitverantwortung der russischen Seite besteht", sagte er. "Wenn man auf der russischen Seite der Auffassung ist, dass man das entkräften kann, dann soll das geschehen", fügte er hinzu. Fragen nach möglichen EU-Sanktionen wich Maas aus. Mit dem Anschlag wollen sich auch die Staats- und Regierungschefs beim EU-Gipfel Ende der Woche beschäftigen.

Der britische Außenminister Boris Johnson nutzte das Treffen in Brüssel, um noch einmal die Indizienkette darzulegen, die aus Londoner Sicht klar nach Moskau führt. Der Doppelagent Sergej Skripal und seine Tochter Julia waren am 4. März bewusstlos auf einer Parkbank in Salisbury gefunden worden. Sie wurden nach britischen Angaben mit dem in der früheren Sowjetunion entwickelten Kampfstoff Nowitschok vergiftet. Beide befinden sich nach wie vor in kritischem Zustand.

"Das russische Leugnen wird immer absurder", sagte Johnson. Man müsse "die Stecknadel der Wahrheit in einem Heuhaufen aus Lügen suchen". Bemerkenswert sei die "Stärke und Entschlossenheit der europäischen Antwort". Allerdings wurde danach auf griechisches Betreiben hin die EU-Erklärung abgeschwächt. Ursprünglich sollte Russlands Weigerung kritisiert werden, "legitimen Forderungen der britischen Regierung nachzukommen". Die Außenminister zeigten sich allerdings "schockiert" über den "ersten offensiven Einsatz" eines militärischen Nervengifts "auf europäischem Boden seit mehr als 70 Jahren". Es handele sich um einen Typ, der von Russland entwickelt worden sei.

Russland forderte die Rücknahme der Beschuldigungen. "Entweder muss man sie mit irgendwelchen Beweisen untermauern oder sich entsprechend entschuldigen", sagte Kremlsprecher Dmitrij Peskow in Moskau. Es gebe aber keine generelle Verschärfung im Verhältnis zum Westen. Es gehe "um einen schwer zu erklärenden, unmotivierten, unbegründeten Strom an Verleumdungen gegen Russland vonseiten Großbritanniens".

© SZ vom 20.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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