Fall Nasibullah S.:Zu Unrecht abgeschobener Afghane auf dem Weg nach Deutschland

Abschiebung von Asylsuchenden nach Afghanistan

Flugzeug in Frankfurt, mit dem Afghanen nach Kabul gebracht wurden.

(Foto: dpa)
  • Der zu Unrecht nach Afghanistan abgeschobene Asylbewerber Nasibullah S. ist auf dem Weg zurück nach Deutschland.
  • Der 20-jährige Afghane war am 3. Juli nach Afghanistan gebracht worden, obwohl sein Asylverfahren noch nicht beendet war.

Nasibullah S. hat nach Informationen von NDR und Süddeutscher Zeitung an diesem Mittwoch Afghanistan verlassen und befindet sich auf dem Weg zurück nach Deutschland. Der 20-jährige Afghane war am 3. Juli zusammen mit 68 weiteren Personen nach Afghanistan abgeschoben worden, obwohl sein Asylverfahren in Deutschland noch nicht beendet war. Die illegale Abschiebung war durch Recherchen des NDR bekannt geworden.

Am Morgen bestieg Nasibullah S. ein Flugzeug in Kabul und flog zunächst in die pakistanische Hauptstadt Islamabad. Dort bekommt er in der Deutschen Botschaft erst einmal ein Visum, denn die Vertretung in Kabul ist seit dem schweren Anschlag vom Mai 2017 immer noch kaum arbeitsfähig. Danach will er weiter nach Deutschland reisen. Wann genau das der Fall sein wird, ist noch nicht ganz klar. In Deutschland soll der junge Mann zunächst nach Neubrandenburg reisen, wo er vor seiner Abschiebung untergebracht war. Dann wird laut seiner Anwältin Sonja Steffen auch sein Asylverfahren vor dem Verwaltungsgericht Greifswald fortgesetzt.

Steffen sagte NDR und Süddeutscher Zeitung, die Chancen auf Asyl seien durch die Abschiebung weder besser noch schlechter geworden. Sie forderte aber mehr Sorgfalt der Behörden: "Es geht um Menschen und es geht um Schicksale. Da wird konkret deren Leben komplett verändert durch eine Abschiebung. Deswegen ist meine Forderung, dass vor jeder Abschiebung nochmalsehr sorgfältig gecheckt wird, ob die Abschiebung rechtmäßig ist."

Nasibullah S. war am 11. November 2015 nach Deutschland gekommen und hatte im Dezember 2015 Asyl beantragt. Er gab an, von den Taliban bedroht worden zu sein. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) lehnte seinen Antrag im Februar 2017 ab. In der Begründung hieß es aber, er müsse nicht in den gefährlichen Süden des Landes zurückkehren, sondern könne auch in anderen Regionen Afghanistans leben, die ausreichend sicher seien. Gegen den ablehnenden Bescheid klagte Nasibullah S. vor dem Verwaltungsgericht Greifswald.

Doch obwohl das Verfahren noch nicht abgeschlossen war und das Gericht ihn für den 11. Juli 2018 vorgeladen hatte, wurde er bereits am 3. Juli nach Afghanistan abgeschoben. Das Innenministerium räumte nach der Enthüllung des NDR ein, Nasibullah S. sei zu Unrecht abgeschoben worden. Der Vorfall werde im BAMF zum Anlass genommen, bestehende Prozesse nochmals zu überprüfen.

"Ich habe große Angst, immer wenn ich auf die Straße gehe"

Nasibullah S. war nach seiner Abschiebung von Kabul weiter in den gefährlichen Süden des Landes gereist, wo seine Familie lebt. Vor etwa zwei Wochen kehrte er dann zurück in die afghanische Hauptstadt, um auf nötige Dokumente für seine Rückreise nach Deutschland zu warten. Das Auswärtige Amt hatte seine Unterkunft in einem Hotel in Kabul organisiert. Dort wagte sich Nasibullah S. kaum vor die Tür, berichtet er: "Ich habe große Angst, immer wenn ich auf die Straße gehe. So wie jeder in Kabul. Denn die Stadt ist überall unsicher, ständig gibt es Explosionen, Selbstmordanschläge."

Ob er in Deutschland bleiben darf, wird das Verwaltungsgericht in Greifswald entscheiden. "Wir erwarten die Gerichtsverhandlung Anfang September, so seine Anwältin. Nasibullah S. hat Sorge, er könne dann erneut abgeschoben werden. Er will darüber aber im Moment nicht nachdenken. "Mein Plan ist: Ich will studieren und arbeiten. In Deutschland zur Ruhe kommen."

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