Die Ruderin Nadja Drygalla verließ die Olympischen Spiele in London, nachdem ihre Beziehung zu einem langjährigen Neonazi publik geworden war. Danach schlugen die Wellen erst recht hoch: Die Sportlerin erklärte, sie habe nichts mit der langjährigen Gesinnung ihres Lebensgefährten Michael Fischer zu tun. Der habe mit dem Rechtsextremismus gebrochen - doch Zweifel an seinem Ausstieg blieben. Etappen des Falles Drygalla in Bildern. Als es noch keine Aufregung um Nadja Drygalla gab: Die 23 Jahre alte Ruderin lächelt im Juli auf dem Ruderstützpunkt Kessin bei Rostock am Rande einer Feierstunde zur Verabschiedung der Olympiateilnehmer aus Mecklenburg-Vorpommern.
In London nahm Nadja Drygalla an einem Wettkampf teil und ruderte im Achter der Frauen. Was die meisten Olympioniken im deutschen Ruderteam womöglich nicht wussten: Drygalla ist seit etwa fünf Jahren mit Michael Fischer liiert, einem Rechtsextremisten und Mitglied der militanten "Nationalen Sozialisten Rostock". Im Februar hatten Fischer und seine Kumpanen eine Gedenkveranstaltung für ein Mordopfer der Neonazi-Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund gestört.
Während die Herren Gold gewannen, gingen die Damen leer aus: ihr Deutschland-Achter erreichte als letztes Boot das Ziel. Nadja Drygalla blieb im Olympischen Dorf und wollte die Spiele weiterhin beobachten. Doch es kam anders.
Journalisten erkundigten sich nach dem Umfeld Drygallas, die Beziehung zu Fischer wurde publik. Am 3. August ging der Deutsche Olympischer Sportbund (DOSB) an die Öffentlichkeit: In einer Pressekonferenz erklärte der Missionsleiter der deutschen Olympiamannschaft in London, Michael Vesper, Nadja Drygalla habe das Olympische Dorf am Freitag verlassen. "Auf eigenen Wunsch hin", sagte Vesper - was Drygalla später bestätigen sollte.
Drygallas Freund, der langjährige Neonazi und frühere NPD-Landtagskandidat Michael Fischer, war mit seiner Freundin nach London gefahren - und veröffentlichte sarkastische Facebook-Nachrichten, in denen er sich selbst als "Neonazi-Monster" bezeichnete.
Zwei Tage nach ihrer Abreise aus London, gab Drygalla der dpa ein Interview - in Begleitung des Vorsitzenden des Landesruderverbandes Mecklenburg-Vorpommern Hans Sennewald (links) und dem Vereinsvorsitzenden Walter Arnold (rechts). Die 23-Jährige erklärte, sie hätte mit der rechten Szene nichts zu tun: "Ich habe nie dazugehört". Die Welt am Sonntag hatte zuvor geschrieben, sie sei bei einer von Rechtsextremen organisierten Demonstration dabei gewesen - eine Behauptung, der selbst antifaschistische Portale widersprachen.
Drygalla erklärte, die politische Ausrichtung hätte ihre Beziehung stark belastet. Sie habe an Trennung gedacht, was offensichtlich bei Fischer Wirkung gezeigt hat. Die Ruderin beteuerte, ihr Freund habe sich von der rechten Szene im Mai abgewendet. Doch es gibt einige Indizien, die darauf hinweisen, dass Michael Fischer nicht wirklich aus der Szene ausgestiegen ist.
Drygallas Freund publizierte auf einem rechtsextremen Internetportal im Juni einen Artikel, in dem er gegen eine "linke Ausländerlobby" pöbelte - und das, obwohl er angeblich im Mai den braunen Sumpf verlassen hatte. Wenig später meldete sich Fischer selbst zu Wort - und erklärte, er habe die NPD verlassen und sei kein Neonazi mehr. Die Folgen seiner Taten in der rechten Szene habe er für sich selbst bewusst in Kauf genommen, sagte Fischer. "Daher würde ich nicht sagen, dass ich das bereue."
Längst ist der Fall Drygalla zum Politikum geworden: Einerseits geht es darum, welcher Verband wann Bescheid wusste. In Schwerin war die Causa Thema bei einer Kabinettssitzung des Landtages, bei der auch Innenminister Caffier gehört wurde. Das Bundesinnenministerium soll eine Extremismusklausel für Sportförderung diskutieren. Demonstrativ stellte sich Verteidigungsminister Thomas de Maizière hinter die Ruderin. Er schloss eine Aufnahme der Sportlerin in die Sportfördergruppe der Bundeswehr nicht aus. Drygalla selbst erklärte, sie wolle mit ihrem Sport weitermachen - im Herbst.