Süddeutsche Zeitung

Fall L'Oréal:Vorwürfe gegen Sarkozy - Umschlag nach dem Essen

Seit Wochen hält der millionenschwere Steuerskandal um die L'Oréal-Erbin Liliane Bettencourt Paris in Atem. Nun werden schwere Vorwürfe gegen Präsident Nicolas Sarkozy erhoben.

Nun ist auch der Präsident höchstpersönlich in den Finanzskandal um die L'Oréal-Erbin Liliane Bettencourt geraten: Für seinen Wahlkampf 2007 soll Nicolas Sarkozy von Bettencourt illegal 150.000 Euro in bar erhalten haben. Das berichtet der Internet-Nachrichtendienst Mediapart unter Berufung auf die frühere Buchhalterin der Multimilliardärin.

Schon in seiner Zeit als Bürgermeister des Pariser Nobelvororts Neuilly-sur-Seine habe Sarkozy von Bettencourt, der reichsten Frau Frankreichs, Geld erhalten. Die Kosmetik-Chefin war durch von ihrem Butler heimlich aufgenommene Gespräche in den Verdacht geraten, Millionenbeträge am Fiskus vorbei ins Ausland geschafft zu haben.

Seit Wochen steht deshalb auch der Minister Eric Woerth in der Kritik: Woerths Ehefrau war Vermögensberaterin von Bettencourt - zu einer Zeit, in welcher der Politiker als Haushaltsminister auch für die Verfolgung von Steuerhinterziehern zuständig war. Bettencourt hat zudem der konservativen Präsidentenpartei UMP Geld gespendet. Schatzmeister damals: Minister Woerth. Der Anfang des Jahres ins Arbeitsministerium gewechselte Woerth hat Vorwürfe eines Fehlverhaltens stets empört zurückgewiesen, doch damit die Bevölkerung nicht überzeugt.

Damit war auch der Druck auf Präsident Sarkozy gestiegen: Woerth war einer seiner engsten Vertrauten und als Arbeitsminister mit dem wichtigsten und umstrittensten politischen Vorhaben betraut: der Rentenreform. Nun richten sich die Vorwürfe erstmals direkt gegen Sarkozy.

Sie habe am 26. März 2007 selbst 50.000 Euro abgehoben, sagte Bettencourts einstige Buchhalterin Claire T. dem Internetnachrichtendienst Mediapart. "Weil die 50.000 Euro nicht reichten", habe Bettencourts Vermögensverwalter Patrice de Maistre aus der Schweiz weitere 100.000 Euro geholt. "Dann hat Maistre mir gesagt, dass er sehr schnell mit Eric Woerth essen gehen wird, um ihm - wie er mir sagte 'diskret' - die 150.000 Euro zu übergeben."

Sarkozy hat den Vorwurf als "Verleumdung" zurückgewiesen. "Ich wäre so froh, wenn das Land sich so leidenschaftlich für die großen Probleme interessieren würde", sagte Sarkozy am Dienstag in Brie-Comte-Robert südöstlich von Paris. Der Präsident nannte "das Gesundheitswesen, die Renten, wie wir Wachstum schaffen". Stattdessen stürze sich Frankreich "auf die erstbeste Verleumdung", die nur einer Sache dienen solle - die Regierung "zu beschmutzen".

Auch Arbeitsminister Woerth dementierte die jüngsten Berichte.

Woerth war Kassenwart von Sarkozys Wahlkampforganisation und bis zum Frühjahr Budgetminister. Woerths Frau erhielt Claire T. zufolge ein Monatsgehalt von 13.000 Euro plus Prämien - dafür, dass sie sich um die Anlage der L'Oréal-Dividenden kümmerte.

Sarkozy war von 1983 bis 2002 Bürgermeister von Neuilly-sur-Seine, wo Bettencourt lebt. "Nicolas Sarkozy hat auch seinen Umschlag erhalten", sagte Bettencourts ehemalige Buchhalterin. "Das geschah in der Regel nach dem Essen; jeder im Haus wusste das." Weil Bettencourt sehr schwerhörig ist, habe jeder sehr laut gesprochen.

Unterdessen berichtete die französische Tageszeitung Le Monde, dass Woerth und seiner Frau Vorermittlungen der Staatsanwaltschaft drohten. Sollten sich heimlich in Bettencourts Haus gemachte Tonaufzeichnungen als echt erweisen, sei es "denkbar, die in den Gesprächen festgestellten Elemente überprüfen zu lassen", zitierte das Blatt aus einem Bericht eines Staatsanwalts aus Nanterre bei Paris. Dabei gehe es insbesondere um die "Umstände der Anstellung von Frau Florence Woerth" bei der Vermögensverwaltung von Bettencourt, aber auch um Spenden zu Gunsten ihres Mannes sowie der Hochschulministerin Valérie Pécresse.

Der Finanzskandal um Bettencourt und Woerth ist nicht der einzige, der derzeit die Regierung von Präsident Nicolas Sarkozy erschüttert. Am Wochenende waren zwei Staatssekretäre nach dem Vorwurf der Verschwendung von Steuergeldern zurückgetreten.

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dpa/AFP/vbe/mcs
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