Süddeutsche Zeitung

Fall Khashoggi:CIA bringt Trump in Bedrängnis

US-Geheimdienst sieht den saudischen Kronprinzen offenbar als Auftraggeber für den Mord am Journalisten Jamal Khashoggi.

Von Christian Zaschke, New York

Nach Erkenntnissen des amerikanischen Geheimdienstes CIA hat der saudi-arabische Kronprinz Mohammed bin Salman die Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi persönlich angeordnet. Das berichtet die Washington Post unter Berufung auf Quellen innerhalb des Dienstes. Eine offizielle Stellungnahme der CIA gibt es nicht zu dem Vorgang. Khashoggi ist Anfang Oktober im Konsulat Saudi-Arabiens in Istanbul getötet worden, wo er Dokumente abholen wollte, die er wegen seiner bevorstehenden Hochzeit mit einer türkischen Staatsbürgerin benötigte.

Die CIA stützt sich dem Bericht zufolge auf mehrere Quellen, darunter auf einen Anruf Khashoggis beim Bruder des Kronprinzen, Khalid bin Salman, der als Botschafter Saudi-Arabiens in Washington fungiert. Dieser habe dem in den USA lebenden Khashoggi versichert, es sei sicher, das Konsulat in Istanbul aufzusuchen. Unklar ist den Angaben zufolge, ob der Botschafter wusste, dass er Khashoggi damit in den Tod schickte. Als sicher gilt jedoch, dass er im Auftrag seines Bruders handelte. Eine Sprecherin der Botschaft bestreitet hingegen, dass Khalid bin Salman mit Khashoggi über "irgendetwas, das mit der Türkei zu tun hatte" gesprochen habe.

Der Türkei liegt nach eigenen Angaben eine Tonaufnahme aus dem Konsulat vor, die sie an andere Länder weitergeleitet hätte, darunter Deutschland, Frankreich und die USA. CIA-Direktorin Gina Haspel soll die Aufnahme mittlerweile gehört haben. Daraus geht offenbar hervor, dass Khashoggi sofort nach Betreten des Konsulats getötet wurde. Der Konsul sei mit den Worten zu hören, dass es nun nötig sei, die Leiche loszuwerden und die Spuren zu verwischen. Wohin die Überreste Khashoggis gebracht wurden, ist unklar.

Die saudi-arabische Regierung hat in den vergangenen Wochen mehrere, teils widersprüchliche Erklärungen abgegeben. Zunächst hatte es geheißen, Khashoggi habe das Konsulat unversehrt verlassen. Man wisse nicht, wo er sich aufhalte. Dann hieß es, er sei bei einem Gerangel unglücklicherweise zu Tode gekommen. Aktuell behauptet die Regierung, Khashoggi sei gewaltsam festgehalten worden. Dabei habe man ihm eine Überdosis an Medikamenten verabreicht, woran er gestorben sei. Elf Männer seien deshalb angeklagt worden, von denen fünf die Todesstrafe drohe.

US-Präsident Donald Trump sagte am Wochenende mit Blick auf die Berichte über die CIA-Einschätzung, es sei zu früh, endgültige Schlüsse zu ziehen. Es sei nicht sicher, dass Mohammed bin Salman von dem Mord wusste oder ihn gar angeordnet habe. Erst am Dienstag werde er den CIA-Bericht dazu erhalten. Der Kronprinz pflegt sehr gute Beziehungen zu Trumps Schwiegersohn, Jared Kushner. Zudem betrachtet Trump Saudi-Arabien als wichtigsten Verbündeten in der Region, besonders, wenn es darum geht, Iran unter Kontrolle zu halten. Sollte sich herausstellen, dass bin Salman den Mord an Khashoggi, der als Kolumnist für die Washington Post arbeitete, persönlich angeordnet hat, dürfte das die Beziehungen beider Länder schwer belasten.

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Quelle:
SZ vom 19.11.2018
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