Fall Edathy:Deutschland muss Kinderpornografie härter bestrafen

Cyber-Cops beim LKA Bayern

Ein Beamter des bayerischen Landeskriminalamts, ein sogenannter "Cyber-Cop", wertet Bilder von fast nackten, minderjährigen Kindern aus

(Foto: picture alliance / dpa)

Auch wenn Pädophilie bei manchen Menschen eine tragische Veranlagung ist: Betroffene sind verantwortlich für ihr Handeln. Die wahren Opfer sind die Kinder. Warum es angemessen ist, nach dem Fall Edathy nach drastischeren Strafen zu rufen.

Ein Kommentar von Joachim Käppner

Jahrtausendealt ist die Frage, welche Bilder gegen die guten Sitten verstoßen, sie ist selbst heute noch lebendig in einer Zeit, in der jeder fast alles darf. In der Debatte über Kinderpornografie aber geht es nicht um Freiheitsbegriffe oder um Sittenkunde. Es geht um Straftaten, begangen an Kindern. Und es sieht so aus, als müsse der Staat gegen diese Taten konsequenter einschreiten - notfalls mit einem Schritt, der viel zu oft reflexartig gefordert wird, als Ultima Ratio aber manchmal nötig sein kann, so wie hier: der Verschärfung von Gesetzen.

Moral und Strafrecht sind nicht dasselbe, aber das Strafrecht in einer Demokratie entspringt letztlich der Moral. Eben darum muss nicht legal bleiben, was derzeit lediglich moralisch verwerflich ist, vom Gesetz aber nicht bestraft wird. Der frühere SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy soll solches Material bezogen haben: Medien der "Kategorie zwei", bei der nackte Kinder, aber nicht explizit ihre Genitalien im Bild sind. Den Staatsanwälten reichte das für einen Anfangsverdacht, Edathy könnte auch verbotene Kinderpornografie besitzen, also Kategorie eins. Sie ließen bei ihm durchsuchen. Rechtsstaatlich war das fragwürdig, zumal sich der Verdacht erst einmal nicht bestätigte. Wenn es dabei bleiben sollte, könnte man Edathy juristisch nichts vorwerfen, und er wäre ein politisch und menschlich Ausgestoßener, der kein Gesetz gebrochen hat. Das spricht aber weniger für ihn als gegen die bestehende Rechtslage.

Kinderporno-Käufer sind Beteiligte

Die wahren Opfer sind die Kinder. Sie sind die Schwächsten der Gesellschaft, und sie brauchen den Schutz des Staates. Es besteht hier eine Gesetzeslücke. Warum sollte der Besitz von Bildern und Filmen hierzulande straffrei bleiben, deren Produzent in Rumänien wegen eben dieser Bilder und Filme eingesperrt wird? Medien, wie sie Edathy bezogen haben soll, sind ja keineswegs harmlos. Sexueller Missbrauch von Kindern ist ja nicht nur, wenn diese vor der Kamera zum Sex gezwungen werden - wer solche Dateien kauft und besitzt, macht sich schon jetzt strafbar. Um Missbrauch handelt es sich aber eigentlich auch, wenn Kriminelle ihre kleinen Opfer "nur" nackt zu eindeutigen Zwecken posieren lassen. Wehren können sich die Kinder nicht, sie werden getäuscht oder bedroht, manchmal stimmen Eltern aus Geldgier zu. Oft genug bleibt es nicht bei den angeblich harmlosen Aufnahmen; dann sind diese nur der Anfang eines Leidensweges. Die Bilder bleiben für immer, erst recht im Internet, zur Befriedigung von Pädophilen. Viele Opfer aber sind traumatisiert.

Kinderpornografie ist eine umfassende Straftat, und der Käufer ist Beteiligter, bei Kategorie zwei nicht de jure, aber de facto. Die Straftat endet nicht bei Produzenten und Händlern. Eine Verschärfung der Gesetze, die jetzt gefordert wird, darf ebenfalls nicht dort enden. Wer solche Medien kauft, der kann doch wissen, dass diesen fast immer ein Delikt an Kindern vorausging - begangen von Tätern aus einer kriminellen Pornoindustrie, welche die Not in armen Ländern zu nutzen weiß. Daher sollte auch schon der Besitz solcher vermeintlich nicht so schlimmer Nacktbilder verboten werden, sobald Kinder auf ihnen zum Opfer der Gelüste von Erwachsenen werden. Das hat nichts mit dem Familien-Schnappschuss von den Kleinen zu tun, die nackt am Strand planschen.

Es wird immer Grauzonen geben, welches Bild noch harmlos oder Kunst oder eben eine Straftat sei. Nötig ist es aber, den Spielraum für Interpretationen so klein wie möglich zu machen. Pädophilie ist abscheulich, bei manchen Menschen aber eine Veranlagung. Das kann eine Tragödie sein, ändert aber nichts daran, dass diese Menschen eine Verantwortung für ihr Handeln haben - und dass der Staat sie notfalls zur Verantwortung ziehen muss.

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