Fahrverbot bei kleinen Delikten:Tempo null

Wirksamer als eine Geldstrafe, lange nicht so einschneidend wie Haft: Die Idee von Union und SPD, Gerichten die Möglichkeit zu geben, Fahrverbote als Strafe für kleinere Delikte einzuführen, ist gut. Aber nicht in jedem Fall.

Ein Kommentar von Jan Bielicki

Dass das Herz die empfindlichste Stelle des Menschen sei, glauben nur Romantiker. Zyniker tippen auf den Geldbeutel - und beim Deutschen auf jenes Fach der Brieftasche, in dem der Führerschein steckt. Freie Fahrt gilt schließlich als das Über-Grundrecht freier Bundesbürger. Darum liegt die Idee nahe, Übeltäter, die sich partout nicht an Gesetze halten mögen, dort zu treffen, wo es wehtut: beim Fahrvergnügen.

Zwar hat ein Ladendiebstahl nichts mit der Befähigung zu tun, ein Fahrzeug zu führen. Dennoch spricht wenig gegen das Vorhaben der künftigen Koalition, Fahrverbote als Sanktion auch für Delikte vorzusehen, die nicht im Straßenverkehr begangen wurden. Jugendrichter können sich schon heute aus einem großen Fundus von Erziehungsmaßnahmen und Zuchtmitteln bedienen. Dieses Repertoire zu erweitern, ist sicher nicht falsch, wo es gilt, jungen Straftätern mit Urteilen nach individuellem Maß zu begegnen. Ein Fahrverbot kann - in manchen Fällen - eine Strafmöglichkeit sein, die tatsächlich wirksamer ist als eine Geldstrafe und lange nicht so einschneidend wie Haft.

Wie eine Geldstrafe trifft freilich auch ein Führerscheinentzug manche mehr, manche weniger. Die einen sind im Beruf und auf dem Land aufs Auto angewiesen, für andere ist ihr Motorrad nur Freizeitspaß. Wieder andere haben gar keinen Führerschein. Als Regelstrafe sind Fahrverbote daher kaum geeignet.

© SZ vom 22.11.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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