Süddeutsche Zeitung

Extremismus:Terrorverdächtige sammelten Bundeswehr-Munition

  • Bei dem mutmaßlichen Komplizen des verhafteten Offiziers wurden etwa 1000 Patronen gefunden, teilt das Bundesverteidigungsministerium mit.
  • Die Munition stammt aus Beständen der Truppe.

Von Christoph Hickmann, Berlin

Die im Fall des terrorverdächtigen Offiziers sichergestellte Munition stammt überwiegend aus Bundeswehr-Beständen. Das Verteidigungsministerium informierte am Donnerstag den Bundestag darüber, dass man die bei einem mutmaßlichen Komplizen des inhaftierten Oberleutnants gefundene Munition mittlerweile der Truppe zuordnen könne. Es handelt sich um etwa 1000 Schuss, unter anderem für Pistolen und Gewehre. Zuvor war bereits bekannt geworden, dass es am Standort Illkirch, wo der Verdächtige stationiert war, Unregelmäßigkeiten in der Buchführung über die Ausgabe von Munition gegeben hatte. Ob die Munition tatsächlich von dort stammt, muss noch geklärt werden.

Möglicherweise wollten der Verdächtige und mutmaßliche Komplizen sich auf eine bewaffnete Auseinandersetzung vorbereiten. Darauf deutet jedenfalls eine Zeugenaussage aus dem Standort Augustdorf in Nordrhein-Westfalen hin. Demnach meldete dort nach Informationen von Süddeutscher Zeitung, WDR und NDR ein Soldat, ein Offizier habe sich wiederholt fremdenfeindlich geäußert. Außerdem habe er angegeben, dass er von einer Gruppe von Soldaten wisse, die Waffen und Munition beiseite schaffen würden, um im Fall eines Bürgerkriegs auf der vermeintlich richtigen Seite zu kämpfen. Hierbei bezog er sich auf den Standort Illkirch. Das Verteidigungsministerium wollte dies wegen laufender Ermittlungen nicht kommentieren.

Allerdings deutete Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) am Donnerstagnachmittag bei einem Treffen mit 100 militärischen Führungskräften an, dass sich die Informationen verdichten, wonach es um den Festgenommenen herum eine feste Gruppe von Gesinnungsgenossen gab. Nach Angaben von Teilnehmern sagte sie, der Fall sei "mit Sicherheit" noch nicht zu Ende. Der festgenommene Offizier sei kein "einsamer Wolf", sagte die Ministerin demnach sinngemäß.

Das Ministerium informierte den Bundestag außerdem darüber, dass von der Leyen sogenannte Verwaltungsermittlungen angeordnet habe, um zu klären, ob es im Zusammenhang mit der Masterarbeit des inhaftierten Oberleutnants zu einem Dienstvergehen gekommen sei. Er hatte als Student an der französischen Militärakademie Saint-Cyr eine Masterarbeit mit rechtsextremistischen Inhalten verfasst. Doch trotz eines eindeutigen wissenschaftlichen Gutachtens, wonach es sich um einen "radikalnationalistischen, rassistischen Appell" handele, blieb die Angelegenheit ohne Konsequenzen für die Laufbahn des Offiziers. Die Verwaltungsermittlungen richten sich nun gegen den Chef des Streitkräfteamts sowie den damaligen Wehrdisziplinaranwalt des Amtes, die den Offizier vom Verdacht einer rassistischen Grundeinstellung entlastet hatten.

Von der Leyen bleibt unter Druck

Von der Leyen bleibt in der Angelegenheit politisch unter Druck. Die Opposition will sie nächste Woche in einer Sondersitzung des Verteidigungsausschusses befragen. Auch die Sozialdemokaten sprachen sich dafür aus, während die CDU eine Sondersitzung zunächst ablehnte.

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SZ vom 05.05.2017/lalse
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