Extremismus - Schwerin:Polizist gesteht illegalen Waffenbesitz

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Schwerin (dpa/mv) - Marko G. ist ein Mann mit großem Interesse an Waffen, das er stets in den Dienst des Staates gestellt hat. So stellt sich der Präzisionsschütze und Schießtrainer der Landespolizei Mecklenburg-Vorpommern, der viele Jahre im Spezialeinsatzkommando (SEK) gedient hat, am Mittwoch vor dem Landgericht in Schwerin dar. Dort begann sein Prozess wegen illegalen Waffenbesitzes. Dem 49 Jahre alten Beamten wird unter anderem vorgeworfen, eine 1993 bei der Bundeswehr gestohlene Maschinenpistole der Marke Uzi, weitere Waffen und Sprengmittel sowie mehrere zehntausend Schuss Munition illegal bei sich zu Hause bei Schwerin und in einem Bungalow gehortet zu haben. Gefunden wurden die Stücke bei einer Durchsuchung im Juni 2019. In der Folge wurde Marko G. verhaftet.

Er räumte die vorgeworfenen Taten gleich am ersten Prozesstag ein. In einer Erklärung, die einer seiner drei Verteidiger verlas, heißt es, er habe die Waffen und Munition nur für sich beschafft, eine Weitergabe an Dritte habe es nicht gegeben und sei auch nicht geplant gewesen. Es sei ihm bewusst, dass er sie nicht habe besitzen dürfen. Er habe sich stets als "einen der Guten" gesehen und sein Tun irgendwann nicht mehr hinterfragt. Er bedaure und bereue, was er getan habe.

Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Verbindungen zur mutmaßlich rechtsextremen Prepper-Gruppe "Nordkreuz" vor, gegen die der Generalbundesanwalt seit 2017 wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat ermittelt. In diesem Verfahren wird Marko G. als Zeuge geführt. Bei einer Razzia in dem Verfahren im August 2017 waren bei ihm bereits Waffen und Munition gefunden worden, die unsachgemäß gelagert waren. Daraufhin wurden ihm alle Waffenbesitzkarten entzogen.

Marko G. räumte ein, Administrator der Chatgruppen "Nordkreuz", "Nordcom" und "Vier gewinnt" gewesen sein. Das sei aber alles nicht politisch ausgerichtet gewesen, vielmehr sei es um private Vorbereitungen auf einen möglichen Katastrophenfall gegangen.

Das Maschinengewehr hat Marko G. nach eigenen Angaben um 2009/2010 von einem unbekannten Händler am Rande einer Waffenbörse gekauft und zunächst im Keller des Hauses seiner Schwiegereltern gelagert. Er habe vorgehabt, die Waffe beim Bundeskriminalamt legalisieren zu lassen, aber der Plan sei irgendwann in Vergessenheit geraten. Nach dem Tod der Schwiegereltern habe er die Waffe in sein Haus geholt. Ein Winchester-Gewehr habe er vor zehn Jahren von einem Bekannten gekauft, auf den Dachboden gebracht und dort vergessen. Geschossen habe er damit nie. Wie er an die mehrere zehntausend Schuss Munition kam, erklärte er nicht. Als "legale Empfänger" der bei der Razzia 2019 gefundenen Munition nennt die Anklageschrift immer wieder Polizeibehörden in verschiedenen Bundesländern und die Bundeswehr.

Die Anklageschrift, deren Verlesung eine Stunde dauerte, wirft Marko G. vor, er habe mit den Waffen und der Munition die Ziele der Prepper-Gruppe unterstützen wollen, die sich auf einen "Tag X", den Zusammenbruch der öffentlichen Ordnung in Deutschland, vorbereitet habe. Sie sei der Überzeugung gewesen, dass die Bundesregierung unter anderem wegen ihrer Flüchtlingspolitik ihr Gewaltmonopol verlieren werde und das Land in eine schwere gesellschaftliche Krise geraten könne. Die Verteidigung trat dem entgegen: Marko G. sei ein hoch geachteter Polizeibeamter, für den sich nur der legale und illegale Umgang mit Waffen verwischt habe.

Die Anklage schildert noch ein unappetitliches Detail: Bei einer Geburtstagsfeier eines der beiden Beschuldigten im Verfahren des Generalbundesanwaltes habe es ein Schießspiel gegeben, das Marko G. gewonnen habe. Der Preis sei ein Pokal in Form eines Mannes mit Gewehr im Abschlag gewesen. Darauf habe gestanden: Mehmet-Turgut-Gedenkpokal. Mehmet Turgut ist eines der Opfer des rechtsextremen Terrornetzwerkes NSU und wurde 2004 in Rostock erschossen. Die Verteidigung erklärte, Marko G. habe den Pokal vernichtet, als ihm der Zusammenhang klar geworden sei.

Nach der Verlesung der Erklärung des Angeklagten konnten Richter und Staatsanwaltschaft Fragen stellen. Die meisten wollen die Verteidiger aber erst später beantworten. Der Richter fragte zum Beispiel, ob es stimmt, dass 7500 Euro, die von der "Nordkreuz"-Gruppe gesammelt worden sein sollen, für den Kauf von 30 000 Schuss Munition ausgegeben worden sind. Die Staatsanwaltschaft fragte unter anderem, ob im Rahmen der Chatgruppen Schießübungen stattfanden.

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