Extremismus:Mehr Radikale, mehr Prävention

Graffito gegen Rassismus in Münchner Schulhof, 2015

Die rechtsextreme Szene wächst: Graffito gegen Rassismus.

(Foto: Catherina Hess)

Wie die Bundesregierung verhindern will, dass junge Leute Extremisten werden.

Von Sophie Burfeind, Berlin

Die Bundesregierung will noch stärker gegen Extremismus vorgehen. Dazu hat das Kabinett am Mittwoch erstmals eine umfassende und ressortübergreifende Strategie zur Extremismusprävention und Demokratieförderung beschlossen. Damit sollen Projekte zur Vorbeugung von Extremismus, aber auch die strafrechtliche Verfolgung von Straftätern durch Sicherheitsbehörden im gesamten Land besser verzahnt werden.

"Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Anstrengungen von Bund, Ländern und Kommunen Hand in Hand gehen und dass die Zivilgesellschaft noch stärker mit eingebunden wird", sagte die Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD). In Sachen Prävention sei geplant, in 200 Kommunen lokale Demokratieprojekte zu unterstützen und in den einzelnen Bundesländern Demokratiezentren zu schaffen. Die wiederum sollen die landesweiten Beratungsstellen und Initiativen miteinander vernetzen. Aber auch bundesweite Präventionsprogramme sollen weiter ausgebaut und unterstützt werden.

Per Gesetz soll Projekten gegen Extremismus und für Demokratie zudem eine dauerhafte finanzielle Förderung zugesichert werden. "Oft sind solche Projekte nur für ein Jahr gefördert worden, da hat oft die Planungssicherheit gefehlt", sagt Schwesig.

Neben dem Ausbau von Beratungsangeboten für Opfer extremistischer Gewalt oder ausstiegswillige Täter sieht das 64-seitige Dokument vor, noch direkter dort tätig zu werden, wo sich junge Leute radikalisieren könnten. Nicht nur in Schulen oder Sportvereinen, sondern auch Gefängnissen oder Moscheen, sagte Schwesig, "also Bereiche, wo wir bisher nicht so aktiv waren." So solle verhindert werden, dass Jugendliche von Salafisten, terroristischen oder extremistischen Gruppen angeworben werden. Auch Lehrer oder Sozialarbeiter sollen durch Schulungen stärker für problematische Ansichten von Schülern sensibilisiert werden. "Eine gute Präventionsarbeit ist ein wichtiger Baustein, um zu verhindern, dass Menschen abrutschen und sich radikalisieren", sagte Bundesinnenminister Thomas De Maizière (CDU).

Wie nötig eine solche Strategie sei, habe erst vor wenigen Tagen der neue Verfassungsschutzbericht gezeigt, sagte er. Die extremistischen Szenen in Deutschland - egal welcher Ausrichtung - wachsen, und deren Anhänger werden immer gewaltbereiter. Besonders erschreckend sei "der Anstieg fremdenfeindlicher Straftaten und eine Vervielfachung von Angriffen auf Asylbewerber und Asylbewerberunterkünfte", so der Bundesinnenminister.

Gerade wegen der vielen Anschläge auf Flüchtlingsheime war die Bundesregierung immer wieder kritisiert worden, nicht schnell genug auf die Radikalisierungen reagiert zu haben. Dass es eine gemeinsame Strategie gegen Extremismus geben soll, darauf hatten sich die Regierungspartner schon im Koalitionsvertrag geeinigt. Schwesig sagte, das entsprechende Gesetz solle noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden.

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