Extremismus - Hannover:Rechtsextreme Szene gespalten über Ukraine-Krieg

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Hannover (dpa/lni) - Die rechtsextreme Szene ist nach Einschätzung des niedersächsischen Verfassungsschutzes uneins in der Bewertung des Ukraine-Kriegs. Einerseits werde Russlands Präsident Wladimir Putin in der Szene verteidigt mit der Darstellung, die Aggression gehe von der Nato unter der Führung der USA aus. Andererseits sei in einem rechtsextremen Telegram-Kanal mit 300 Beteiligten dazu aufgerufen worden, sich an der Bildung pro-ukrainischer Einheiten zu beteiligen. Über Ausreisen von niedersächsischen Rechtsextremen zur Beteiligung an Kampfhandlungen in der Ukraine lägen jedoch keine Erkenntnisse vor, teilte der Verfassungsschutz auf Anfrage mit.

Insgesamt ist der Krieg demnach seit Ende Februar "das bestimmende politische Thema im deutschen Rechtsextremismus". Die zuvor dominierende Corona-Politik sei in den Hintergrund gedrängt worden, wobei es auch "zu einer diffusen Vermengung" beider Themen komme.

Einen fundamentalen Konflikt in der Szene sieht der Verfassungsschutz deswegen indes nicht. "Die Wahrung deutscher Interessen ist hier nach wie vor verbindendes Element", heißt es. Weil man sich der Konflikthaftigkeit des Themas bewusst sei, werde eine klare Positionierung bisweilen umgangen.

Erkenntnisse über eine mögliche Beteiligung extremistischer Kräfte an Demonstrationen mit Bezug zum Ukraine-Krieg liegen dem Verfassungsschutz derzeit nicht vor. Insgesamt habe es seit Kriegsbeginn bis Anfang Mai bereits 537 Versammlungen dieser Art gegeben. Die große Mehrheit - 445 Demos - waren demnach pro-ukrainisch, lediglich vier wurden als pro-russisch eingestuft. Die übrigen Versammlungen seien ursprünglich anderen Themen gewidmet gewesen, stellten aber beispielsweise durch das Zeigen von Flaggen einen Bezug zum Krieg her. Informationen über direkte Einflussnahmen Russlands auf Demos in Deutschland lagen der Behörde nicht vor.

Mitte April hatte ein pro-russischer Autokorso in Hannover mit mehreren Hundert Teilnehmern für Aufsehen und Kritik gesorgt. Einen ursprünglich für den 8. Mai - den Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus - in Bremen geplanten pro-russischen Autokorso hatte der Anmelder nach einem Gespräch mit dem Ordnungsamt abgesagt.

Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) hatte bereits Ende März darauf hingewiesen, dass das Zeigen des Z-Symbols, das Russland im Kontext des Krieges verwendet, strafrechtlich geahndet werden könne, wenn damit öffentlich Zustimmung zum russischen Angriffskrieg zum Ausdruck gebracht wird.

© dpa-infocom, dpa:220507-99-192615/2

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