Extremismus - Dresden:Verband: Rassistische Gewalt bleibt trotz Rückgang hoch

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Andrea Hübler nimmt an einer Pressekonferenz teil. Foto: Arno Burgi/dpa-Zentralbild/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Dresden (dpa/sn) - Rassistisch motivierte Gewalt von Rechts befindet sich nach Einschätzung des Opferverbandes RAA in Sachsen weiter auf einem hohem Niveau. Zugleich bilanzierte er am Mittwoch in Dresden für 2019 einen Rückgang der Fallzahlen von 29 Prozent. Im Vorjahr wurden vom RAA 226 entsprechende Taten erfasst, von denen 276 Menschen betroffen waren. 2018 lagen die Zahlen noch bei 317 Fällen und 481 Opfern. Sachsen teile sich im bundesweiten Vergleich immer noch den traurigen Spitzenplatz mit Berlin, sagte RAA-Referentin Andrea Hübler. Im Zusammenhang mit dem Coronavirus richte sich Rassismus nun auch gegen Asiaten.

In zwei Dritteln der Fälle (153) sei es 2019 um Körperverletzungen gegangen, 55 Mal um Nötigungen und Bedrohungen, in elf Fällen um massive Sachbeschädigungen. Selbst Kinder werden zum Opfer von Angriffen: Hübler berichtete von einem Fall im Dezember 2019 aus Dresden, wo ein vierjähriges Kind von einem älteren Mann im Vorbeigehen vom Dreirad getreten wurde. Es zog sich dabei Schürfwunden zu. In Sebnitz hätten zwei Jugendliche einer Elfjährigen das Kopftuch heruntergerissen und das Mädchen geschlagen und getreten. Alltagsrassismus sei an der Tagesordnung.

Für das gesellschaftliche Klima macht der RAA nicht zuletzt die AfD mitverantwortlich. Der nach "rechts verschobene Diskurs" sei durch eine gewachsene Einflussnahme durch die AfD in Kommunalparlamenten und im Landtag geprägt ist, hieß es. Die meisten Gewalttaten wurden in den Großstädten registriert: Leipzig steht mit 62 Fällen zu Buche, dahinter folgen Dresden (53) und Chemnitz (19). "Wir als Opferberatung Support schätzen die aktuelle Situation als nach wie vor höchst brisant ein. Rechte Gewalt sowie rechtsterroristische Anschläge in Sachsen sowie Halle und Hanau haben zu Wut, Angst sowie Verunsicherung geführt", betonte RAA-Geschäftsführer Robert Kusche.

"Rechte und rassistische Gewalt gehören leider weiterhin zur Lebensrealität in Sachsen. Das werden wir - trotz der Corona-Pandemie - nicht aus den Augen verlieren", erklärte Sachsens Sozialministerin Petra Köpping (SPD). Das bedeute auch, dass es weiterhin Solidarität mit den Betroffenen rechter und rassistischer Gewalt brauche. "Wir müssen davon ausgehen, dass wir es insbesondere im ländlichen Raum mit einem Dunkelfeld antisemitischer, rassistischer und menschenfeindlicher Gewalt zu tun haben."

Linke-Politikerin Kerstin Köditz erinnerte am Mittwoch noch einmal an die in der offiziellen Kriminalstatistik erfassten Straftaten Rechter im Vorjahr. Das Innenministerium hatte sie in der Vorwoche auf 2256 beziffert. Köditz kam nach Auswertung ihrer Kleinen Anfrage im Landtag auf 2437 - fast sieben pro Tag. Dabei seien mehr als 80 Menschen verletzt worden. Die Differenz zur offiziellen Statistik ergebe sich vor allem aus Nachmeldungen, erklärte sie.

"Vermutlich gibt es noch viel mehr Betroffene, denn die Statistik kann nur enthalten, was der Polizei bekannt und richtig eingeordnet wird", betonte Köditz. Eine wichtige Ergänzung seien daher die Daten unabhängiger Beratungsstellen wie der RAA Sachsen: "Sie zeigen vor allem, dass es allen Grund gibt, beunruhigt zu sein: Die Fallzahlen in diesem Bereich nehmen von alleine nicht ab - und das bisherige Vorgehen der Behörden genügt offensichtlich nicht." Es werde höchste Zeit, dass die Bekämpfung rechtsmotivierter Kriminalität wie im Koalitionsvertrag vermerkt künftig ein Schwerpunkt ist.

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