Extremismus - Berlin:Staatssekretär: Friedrichshain-Kreuzberg wie Bananenrepublik

Berlin
Der Staatssekretär für Inneres Torsten Akmann spricht. Foto: picture alliance / Kay Nietfeld/dpa (Foto: dpa)

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Berlin (dpa/bb) - Angesichts der anhaltenden Auseinandersetzungen um das besetzte Haus "Rigaer 94" in Berlin-Friedrichshain hat der Innen-Staatssekretär den zuständigen Baustadtrat der Grünen in ungewöhnlich scharfer und harter Form kritisiert. Er sei "fassungslos" über das Agieren von Stadtrat Florian Schmidt, sagte Staatssekretär Torsten Akmann (SPD) mit hörbarer Empörung am Mittwoch im Verfassungsschutz-Ausschuss des Abgeordnetenhauses.

"Ich hätte mir wirklich in den kühnsten Träumen nicht vorstellen können, dass sich eine Verwaltung in unserem Land so verhält." In elf Bezirken klappe die Bauaufsicht gut, in Friedrichshain-Kreuzberg erinnere das Vorgehen an eine "Bananenrepublik", sagte Akmann in Richtung des Koalitionspartners Grüne. Die umstrittene Begehung des Hauses durch den Eigentümer verzögert sich weiter.

Seit langem gibt es auch auf politischer Ebene Streit wegen des Brandschutzes in dem verbarrikadierten Gebäude, das als eines der letzten Symbole der linksextremen Szene in Berlin gilt. In dem Haus waren zahlreiche Mängel dokumentiert worden: fehlende Fluchtwege, Wanddurchbrüche, fehlerhafte Elektroleitungen und Sperren in Treppenhäusern. Schmidt war den Mängeln erst lange nicht nachgegangen, dann verhinderte er die zuvor von ihm selbst angeordnete Begehung durch den Eigentümer und ignorierte dabei anstehende Entscheidungen des Senats und eines Gerichts.

Akmann sagte, der Bezirk müsse bei der notwendigen Begehung des Hauses durch den Eigentümer mitwirken und die Bewohner dazu verpflichten - Schmidt verweigere das aber massiv. Er halte sich nicht an Recht und Gesetz, er wolle seine eigenen Regeln durchsetzen und "spielt damit nur einer Gruppe in die Hände, nämlich gewaltbereiten Linksextremisten", sagte Akmann. "Er stellt sich offen gegen Beschlüsse der Gerichte." Das kürzlich von Schmidts Bauaufsicht vorgelegte Mängelprotokoll sei absolut unzureichend.

Schmidt missbrauche die Instrumente des Rechtsstaats, um das Verfahren zu verschleppen, so Akmann weiter. Aktuell sei Schmidt erneut vor das Verwaltungsgericht gezogen, um die Begehung durch den Eigentümer überflüssig zu machen und den Senatsbeschluss zu umgehen. Daher sei auch eine Brandschutz-Begehung im März nicht mehr möglich.

Akmann wies darauf hin, dass in der linksextremen Szene zu dem Thema stark mobilisiert werde. Aufrufe zum Widerstand gebe es besonders "in Kreisen des gewaltbereiten Anarchospektrums". Dazu würden auch Gewalttaten und Brandanschläge auf Autos und S-Bahnanlagen mit Zugausfällen gefordert. Der Verfassungsschutzchef Michael Fischer sagte, er gehe davon aus, dass sich die Situation noch weiter verschärfen könnte.

Die Grünen-Abgeordnete June Tomiak ging nicht auf die Vorwürfe gegen Schmidt ein, sondern sagte nur, man müsse "konstruktive Lösungen finden für den Brandschutz und gegen Gewalt". Es sei schade, dass nicht alle versuchten, zur Deeskalation beizutragen. Der Innenpolitiker der Linken, Niklas Schrader, kritisierte hingegen, der Zeitpunkt der Begehung durch das Bezirksamt habe ihn gewundert. "Das hätte man schon vor halben Jahr oder länger machen können." CDU, AfD und FDP forderten strafrechtliche Ermittlungen gegen Schmidt.

© dpa-infocom, dpa:210317-99-858960/3

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: