Versuchter Anschlag:Paketbombe stammt aus Griechenland

Der an Kanzlerin Merkel adressierte Sprengsatz wurde von Griechenland aus verschickt. Die Ermittler vermuten griechische Linksextremisten hinter dem versuchten Anschlag - sie hatten eine Buchsendung präpariert.

Susanne Höll, Stefan Braun und Kai Strittmatter

Die Polizei hat einen Sprengstoffanschlag auf das Bundeskanzleramt in Berlin vereitelt. Spezialkräfte entschärften eine Paketbombe. Sie sei vor zwei Tagen per Luftpost von Griechenland nach Deutschland gesendet worden und habe eine "sprengfähige Vorrichtung" enthalten, sagte Innenminister Thomas de Maizière (CDU). Als wahrscheinlichen Absender nannte er eine linksextremistische Gruppe aus Griechenland.

Angestellte durch Paketbombe in Athen verletzt

Ein griechischer Polizeibeamter am Einsatzort in Athen: Hier wurde bei einem weiteren Paketbomben-Anschlag eine Angestellte verletzt. Auch die an Bundeskanzlerin Merkel adressierte Buchsendung soll aus Griechenland stammen.

(Foto: dpa)

Der Sprengsatz war nach Angaben aus Sicherheitskreisen in einem ausgehöhlten Buch versteckt. Die Sendung, die an Kanzlerin Angela Merkel persönlich adressiert war, wurde am frühen Nachmittag entdeckt. Nach Mitteilung der Bundesregierung sei bei den üblichen Kontrollen der Postsendungen ein Päckchen mit "verdächtigen Merkmalen" gefunden worden. Sprengstoffspezialisten des Landeskriminalamts machten es unschädlich. Niemand wurde bei dieser Aktion verletzt.

Der Sprengsatz hätte aber einen "durchaus nicht unerheblichen Schaden anrichten können", sagte der Innenminister. Die Kanzlerin hatte das Haus am Vormittag verlassen und war nach Belgien geflogen. Nach der Entdeckung der Sendung gab es im Kanzleramt keinen Alarm, allerdings wurden die Eingänge vorübergehend verschlossen.

De Maizière sah keinen Zusammenhang mit den Paketbomben, die in den vergangenen Tagen in mehreren Frachtmaschinen aus dem Jemen entdeckt und ebenfalls entschärft worden waren. Das Päckchen sei praktisch baugleich mit diversen Paketbomben, die in den vergangenen zwei Tagen in Athen und an anderen Orten gefunden worden seien, sagte de Maizière. Aus Sicherheitskreisen verlautete, es handele sich um eine konzertierte Aktion griechischer Linksextremisten, die gegen das Weltfinanzsystem und die Griechenland auferlegten Sparmaßnahmen protestieren.

In Athen war es am zweiten Tag in Folge zu einer Serie von Briefbombenanschlägen gekommen. Ziel waren vor allem ausländische Botschaften, darunter die deutsche Vertretung. Verletzt wurde bei den Anschlägen jedoch niemand. Insgesamt wurden im Laufe des Tages sieben Briefbomben entdeckt, von denen die an die Schweizer und an die russische Botschaft adressierten in Flammen aufgingen. Die bei der deutschen Botschaft abgegebene Sendung konnte entschärft werden.

Hinter diesen Anschlägen werden linksextreme Gruppen vermutet. Die Anschläge kommen vor den Lokalwahlen am Wochenende, die der sozialistische Premier Giorgos Papandreou zur Vertrauensabstimmung über seinen Sparkurs ausgerufen hat. Andere Paketbomben waren an die Botschaften Bulgariens und Chiles gerichtet. Sprengstoffexperten machten diese Sendungen durch kontrollierte Explosionen unschädlich.

Papandreou verurteilte die Bombenserie in Athen und die Sendung an Merkel: "Wir verurteilen es aufs Schärfste und widersetzen uns unerbittlich jedem, der mit Terroraktionen und Gewalt versucht, dem sozialen Frieden und dem Bild des Landes im Ausland zu schaden."

Bereits am Montag war eine Briefbombe bei einem Kurierdienst explodiert und hatte eine Angestellte verletzt. Ein für den französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy bestimmtes Paket wurde in Athen abgefangen. Am Dienstagabend zerstörte die Polizei zwei weitere verdächtige Pakete am Flughafen von Athen. Die Sendungen seien an Europol in Den Haag und an den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg adressiert gewesen, hieß es.

Wie die griechischen Behörden am Dienstagabend mitteilten, soll der internationale Paketdienst für 48 Stunden ausgesetzt werden. Die Anschläge in Griechenland kommen vor den Lokalwahlen am Wochenende, die der sozialistische Premier Giorgos Papandreou zur Vertrauensabstimmung über seinen Sparkurs ausrief.

Unterdessen wurde auch am Flughafen in Bologna ein verdächtiges Paket entdeckt, das an den italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi adressiert war. Ein Sprecher der griechischen Polizei sagte, das Paket sei an Bord eines privaten Kurierflugzeuges entdeckt worden, das den Flughafen in Athen um 21.45 Uhr (Ortszeit) verlassen habe und auf dem Weg nach Paris und Lüttich gewesen sei.

Nach dem Fund des verdächtigen Pakets sei das Flugzeug in Bologna zwischengelandet. Sprengstoffexperten hätten das Paket geöffnet, dabei sei eine kleine Flamme entstanden. Verletzt wurde nach Angaben der italienischen Polizei niemand. Der Flughafen von Bologna wurde für mehrere Stunden geschlossen.

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