Explosion in Afghanistan:Anschlag auf den Frieden

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In Kabul sind die Stammesvertreter zusammengekommen, um nach einem Weg aus der Gewalt zu suchen. Gleich zu Beginn der Konferenz reagieren die Taliban auf ihre Art: mit einem Selbstmordanschlag und Raketenbeschuss.

In Afghanistan ist der Beginn der mit Spannung erwarteten Friedensversammlung von Angriffen der Taliban überschattet worden. In der Hauptstadt Kabul haben sich nach Informationen von sueddeutsche.de zwei Selbstmordattentäter nur wenige hundert Meter von dem Konferenzort entfernt in die Luft gesprengt. Die Männer hatten zur Tarnung Burkas getragen, mit denen Musliminnen ihren Körper verschleihern. Nach ersten Erkenntnissen gab es außer den Tätern keine Toten oder Verletzte. Ein dritter Attentäter wurde von der Polizei festgenommen.

Der afghanische Präsident Hamid Karsai spricht am Mittwochmorgen vor der Friedensversammlung in Kabul. Der Auftakt der dreitägigen Konferenz wurde von Angriffen der Taliban überschattet. (Foto: ap)

Zuvor waren mehrere Schüsse zu hören gewesen, nachdem der afghanische Präsident Hamid Karsai seine Eröffnungsrede gehalten hatte. Es wurde vermutet, dass ein oder mehrere Taliban versuchten, zu dem Zelt vorzudringen, in dem sich die etwa 1.600 Vertreter von Politik und Gesellschaft versammelt hatten.

Zusätzlich sollen die Attentäter drei Raketen auf das Zelt abgefeuert haben, die allerdings ihr Ziel verfehlten. Die Polizei hat einen dritten Täter festgenommen. Ein Taliban-Sprecher sagte der Nachrichtenagentur Reuters per Telefon, dass seine Gruppierung hinter den Angriffen stecke.

Die erste Rakete landete nur wenige Minuten nach Beginn der Rede Karsais auf einem benachbarten Feld, was bei einigen Delegierten Panik auslöste. "Setzen Sie sich wieder hin, es wird nichts passieren", sagte Karsai vor den Versammelten, von denen einige aus Angst vor einem Angriff aufgesprungen waren. "Ich habe mich daran gewöhnt", sagte der Präsident, der mindestens drei Attentatversuche überlebt hat. "Jeder ist daran gewöhnt." Nach seiner Rede verließ Karsai die Konferenz mit ruhigen Schritten und verließ das Gelände, begleitet von Sicherheitsfahrzeugen.

Taliban droht allen Konferenzteilnehmern mit dem Tod

Bei der dreitägigen Konferenz geht es um Möglichkeiten zur nationalen Aussöhnung mit den Taliban. Eingeladen wurde die Gruppe indes nicht. Experten zufolge wären sie einer Einladung ohnehin nicht gefolgt.

Im Mittelpunkt steht das von Geberländern mit etwa 130 Millionen Euro finanzierte Friedens- und Versöhnungsprogramm. Es verheißt den Kämpfern der Aufständischen Arbeits- und Ausbildungsplätze sowie Entwicklungshilfe für ihr Heimatdorf, wenn sie die Waffen niederlegen.

Die Taliban hatten am Vorabend der Versammlung, die in Paschtu auch Dschirga heißt, in einer Erklärung mitgeteilt, die Konferenz böte Amerika nur einen Vorwand mehr für den Krieg in Afghanistan. Auch Kritiker erwarten nicht viel von der Versammlung. "Das Ergebnis der Dschirga wird uns nicht weiter bringen im Friedensprozess, noch nicht mal ein Stück näher", sagte Abdullah Abdullah, der vergangenes Jahr gegen Karsai die Präsidentenwahl verloren hatte. In der vergangenen Woche hatten die Taliban in einer Botschaft allen Teilnehmern mit dem Tod gedroht.

Nach Angaben des Innenministeriums sind wegen der Dschirga 12.000 zusätzliche Sicherheitskräfte in Kabul eingesetzt, um Anschläge zu verhindern. Afghanische Soldaten und Polizisten werden von der Internationalen Schutztruppe Isaf unterstützt.

© sueddeutsche.de/toma/AP/Reuters/dpa/AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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