Süddeutsche Zeitung

Untergang des Atom-U-Boots "Kursk":Tod unter Wasser

Sie bekamen das Tageslicht nie mehr zu sehen: Vor zehn Jahren starben 118 russische Marinesoldaten bei einer Explosion im U-Boot "Kursk". Noch heute sind viele Fragen ungeklärt. In Bildern.

Es galt als eines der größten und modernsten russischen Atom-U-Boote - und trotzdem sank das U-Boot K-141 Kursk. Am 12. August 2000 starben während eines Manövers in der Barentssee 118 Marinesoldaten. Zehn Jahre sind seitdem vergangen, aber viele Fragen sind noch immer nicht beantwortet. Was die Explosion in dem U-Boot ausgelöst hat zum Beispiel und natürlich, wer die Schuld an dem Unglück trägt. Der Abschlussbericht der Regierungskommssion wird jedoch unter Verschluss gehalten.

Bekannt ist nur so viel: Die Kursk befand sich am Unglückstag für ein Seemanöver in der Barentssee, als der Funkkontakt plötzlich abbrach. Das war am Vormittag des 12. August 2000. Über alles weitere kann nur spekuliert werden. Die russische Regierung behauptete zunächst, die Kursk sei mit einem ausländischen U-Boot kollidiert. Bergungsspezialisten, unter ihnen norwegische Taucher, untersuchten jedoch eine Woche nach dem Unglück das Wrack - und stellten fest: Zwei Explosionen im Bug hatten das U-Boot versenkt.

Im Abschlussbericht der Regierungskommission hieß es dann, ein defekter Torpedo habe an Bord eine Kettenreaktion aus Explosionen ausgelöst und die Katastrophe verursacht. Weitere Informationen des Berichts sollen aus angeblichen Sicherheitsgründen für 25 Jahre geheim bleiben.

Von der 118 Mann starken Crew überlebte niemand. Dieses Bild vom 30. Juli 2000 zeigt einige der Marinesoldaten auf der Kursk, wenige Tage vor ihrem Tod. Als Taucher bei Bergungsarbeiten eine Notiz eines Kapitänleutnants im Wrack fanden, erfuhr man mehr Details über das Unglück - und Russland war erschüttert.

Auf dem Papier steht: "Alle Besatzungsmitglieder der sechsten, siebten und achten Abteilung sind in die neunte gegangen. Wir sind hier 23 Mann. Wir haben uns wegen der Havarie zu diesem Schritt entschlossen. Keiner von uns kann an die Oberfläche gelangen. Ich schreibe dies blind." Diese Botschaft vom Meeresgrund offenbart, dass 23 der Soldaten die Explosion überlebten. Sie versammelten sich in dem Teil des U-Bootes, in dem sich die Notausstiegsluke befand. Der Kapitänleutnant Dmitrij Kolesnikow schrieb die letzten Augenblicke vor seinem Tod auf einen Zettel - blind, da die Notbeleuchtung offenbar ausgefallen war.

Sie hätten überleben können - doch Hilfe ließ auf sich warten. Russischen U-Booten gelang es nicht, an die Notausstiegsluke anzudocken. Britische und norwegische Helfer wurden zu spät angefordert. Sie erreichten das U-Boot erst eine Woche nach dessen Untergang. Die norwegischen Taucher waren es, die schließlich die Notluke öffneten. Sie fanden aber keine Überlebenden mehr. Norwegen hatte bereits zwei Tage nach Verlieren des Funkkontakts seine Hilfe angeboten. Russland hatte abgelehnt. Das Wrack der Kursk wurde erst ein Jahr nach der Katastrophe geborgen. Im Bild liegt es im Hafen von Rosljakowo unweit von Murmansk und Seweromorsk auf der Halbinsel Kola.

Bei eisiger Kälte nahmen Tausende Menschen am 29. Oktober 2000 in Seweromorsk, dem Hauptquartier der Nordmeerflotte, an einer Trauerfeier für die Opfer der U-Boot-Katastrophe vom 12. August 2000 teil. Auf Schützenpanzerwagen waren Särge mit den Leichen von vier geborgenen Seeleuten der Kursk aufgebahrt.

Nach und nach wurden weitere Leichen geborgen, so dass immer wieder Trauerfeiern stattfanden. Im Bild eine Trauerfeier im November 2001, als elf Tote der Kursk in St. Petersburg beigesetzt wurden. Marinekadetten und -offiziere gaben ihnen das letzte Geleit.

Erst im Frühjahr 2002 wurden die letzten sieben Crew-Mitglieder beigesetzt, unter ihnen der Kapitän der Kursk, Gennadi Ljatschin. Das Foto zeigt seine Witwe und seinen Sohn während der Beisetzung in St. Petersburg.  Die Verantwortlichen der Katastrophe und die Hintergründe wurden nie bekannt. Die Justiz stellte das Strafverfahren gegen die Marineführung noch vor dem ersten Jahrestag ein. Die Familien bekamen rund 720.000 Rubel Entschädigung, das waren damals knapp 29.000 Euro.

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