Expertenbericht der UN zu Syrien:UN-Generalsekretär Ban nennt Giftgas-Einsatz "Kriegsverbrechen"

Chemiewaffen-Experten der Vereinten Nationen bei einem Einsatz in der Nähe der syrischen Hauptstadt Damaskus.

UN-Waffeninspekteure nehmen Proben an einem der Orte in Damaskus, an denen Giftgas eingesetzt wurde (Archivbild vom 29. August)

(Foto: Mohamed Abdullah / REUTERS)

UN-Experten sehen "klare Beweise" für einen Giftgas-Einsatz in Syrien. Generalsekretär Ban Ki Moon Ban bezeichnet die Angriffe als "Kriegsverbrechen" und unterstützt damit Frankreich, Großbritannien und die USA. Sie wollen den Druck auf Assad aufrechterhalten und drohen mit "ernsten Konsequenzen", falls die syrische Regierung ihr Chemiewaffen-Arsenal nicht zerstört.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat den Bericht der Inspekteure über Chemiewaffeneinsätze in Syrien vorgelegt. Nach Einschätzung der Experten ist am 21. August in der Nähe von Damaskus Sarin-Gas eingesetzt worden. Dafür gebe es "klare" Beweise.

Das Gas sei mit Boden-Boden-Raketen verschossen und "auch gegen Zivilisten, darunter viele Kinder", eingesetzt worden. Verantwortlich für den Bericht ist der schwedische Professor Åke Sellström; er ist der Chef der Inspekteure. (Hier der Wortlaut des Berichtes in englischer Sprache).

Sarin gehört zu den am meisten gefürchteten Kampfstoffen: Es ist farblos, geruchlos, geschmacklos - und kann bereits in einer Dosis von nur einem halben Milligramm zum Tod führen.

Bei dem Giftgasangriff vor vier Wochen sollen mehr als 1400 Menschen ums Leben gekommen sein. Syriens Regierung und die Rebellen beschuldigen sich gegenseitig, die weltweit geächteten Waffen eingesetzt zu haben. Das Mandat der Inspekteure allerdings richtete sich nur darauf zu untersuchen, ob und welche Chemiewaffen eingesetzt worden waren. Dagegen sollte die Frage, wer für den tödlichen Einsatz verantwortlich ist, ausdrücklich nicht beantwortet werden.

Ban bezeichnete Angriffe mit Chemiewaffen vor dem UN-Sicherheitsrat in New York als "Kriegsverbrechen", wie Diplomaten berichteten. Er forderte demnach, der Vernichtung der syrischen C-Waffen mit Sanktionsdrohungen Nachdruck zu verleihen.

Streitpunkt ist die Drohung mit einem Militärschlag

Russland und die USA hatten sich am Wochenende auf ein Prozedere dazu geeinigt. Syrien muss demnach binnen einer Woche eine umfassende Liste mit Zahl und Art seiner C-Waffen vorlegen. Ziel ist die Zerstörung aller syrischen Chemiewaffen bis Mitte 2014.

Der Bericht der UN-Experten gilt als wichtig für die weiteren Beratungen des Sicherheitsrats. Die ständigen Mitglieder - die USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien - streiten seit mehreren Wochen um eine UN-Resolution, mit der der Druck auf Assad aufrechterhalten werden soll. Frankreich, die USA und Großbritannien haben der syrischen Regierung "ernste Konsequenzen" angedroht, sollte sie ihre Verpflichtungen zur Zerstörung ihres Chemiewaffen-Arsenals nicht einhalten.

Streitpunkt bei der Ausarbeitung der Resolution sind die Sanktionen, die Syrien für den Fall angedroht werden sollen, dass es sich nicht an die Abmachungen hält. Der Westen geht davon aus, dass Syrien nur unter der Angriffsdrohung der USA eingelenkt hat. Daher sollten in der UN-Resolution auch ausdrücklich militärische Aktionen im Sinne des Kapitels VII der UN-Charta angedroht werden können.

Der französische Außenminister Laurent Fabius sagte am Montag in Paris nach einem Gespräch mit seinen Kollegen aus Washington und London, dem syrischen Machthaber Baschar al-Assad müsse "beigebracht werden, dass es keine andere Perspektive als den Verhandlungstisch gibt". Die UN-Resolution zu den syrischen Chemiewaffen müsse daher "natürlich" auch "ernste Konsequenzen" für den Fall enthalten, dass Syrien die Auflagen nicht befolge.

Die russische Regierung protestierte umgehend: In der geplanten UN-Resolution zu Syriens Chemiewaffen dürfe keinesfalls eine Drohung stehen, sagte Außenminister Sergej Lawrow in Moskau. Wenn jemand "Vorwände für Militärschläge sucht", dann könne dies den ganzen Verhandlungsprozess untergraben.

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