Viel zu spät klärt die Europäische Volkspartei (EVP) ihr Verhältnis zu Ungarns Fidesz-Partei. Die Entscheidung, die Mitgliedschaft zu suspendieren und vom autokratischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán zu fordern, sein Bekenntnis zu Europas Grundwerten mit Taten zu belegen, ist taktisch gesehen die beste unter vielen schlechten Optionen.
Die EVP signalisiert so Fidesz und den Wählern, dass sie sich nicht alles bieten lässt. Es hilft vor allem Manfred Weber, dem EVP-Spitzenkandidaten für die Europawahl, dass Orbán die klare Sprache des Antrags akzeptiert und der Überprüfung durch einen Weisenrat zustimmt. Für Webers Wahlkampf wäre der Status Quo ein Desaster gewesen. Wer soll ihm zutrauen, als Chef der EU-Kommission bei Trump Europas Interessen zu verteidigen, wenn er im eigenen Lager unbequemen Entscheidungen ausweicht oder parteischädigendes Verhalten nicht unterbindet?
Viele Bürger haben das Gefühl, dass Arithmetik und Stimmen im EU-Machtpoker wichtiger sind als Überzeugungen. Das EVP-Votum erhöht den Druck auf die Sozialdemokraten, die mit Rumäniens PSD eine Partei in ihren Reihen duldet, die Korruption legalisieren will. Auch hier gilt: Überzeugt eure Parteifreunde, die Regeln einzuhalten, oder werft sie raus. Der Fall Orbán lehrt, dass durch Aufschub nichts besser wird.