Evangelische Kirche:Die Macht des Milieus

Die evangelische Kirche müsste nun ihre Grenzen sprengen.

Von Matthias Drobinski

Schön war's! Sie haben noch einmal sich und das Reformationsjubiläum gefeiert, die in Bonn versammelten Vertreter der evangelischen Kirche; haben sich am Gelungenen erfreut: So voll waren die Kirchen! Die Selbstüberschätzung samt Millionendefizit bei den Großveranstaltungen spielten nur am Rande eine Rolle. Wer anmerkte, dass vieles in diesem Jahr vielleicht doch manches von Insidern für Insider gemacht worden sei, ging als Schlechte-Laune-Bär durch.

Das ist verständlich: Viele Teilnehmer auf der Synodentagung der evangelischen Kirche haben mit Herz und Leidenschaft bis zur Erschöpfung fürs große Fest gearbeitet, da möchte man am Ende auch mal aufs Schöne und Gelungene schauen, das es ja tatsächlich gab, und nicht über Defizite aller Art grübeln. Und doch zeigt sich gerade in der Debatte übers Reformationsjahr, in dem die evangelische Kirche über sich hinauswachsen wollte, wie sehr sie doch noch im eigenen Milieu verhaftet ist: Wer kam, fand es gut - also muss es auch gut gewesen sein.

In den christlichen Kirchen ahnen viele, dass ihre Strukturen, die aus dem 19. Jahrhundert stammen, nur noch bedingt fürs 21. Jahrhundert taugen; dass es neue Formen, Haltungen, Worte braucht, wenn die Kirchen vor den Augen einer überwiegend säkularen Umwelt wahr- und ernst genommen werden wollen. Doch noch wagen noch zu wenige Kirchenvertreter, übers Milieu hinaus zu denken.

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