"Katargate":Panzeri will im Skandal um Eva Kaili auspacken

"Katargate": Schlüsselfigur des Skandals: der ehemalige EU-Abgeordnete Pier Antonio Panzeri.

Schlüsselfigur des Skandals: der ehemalige EU-Abgeordnete Pier Antonio Panzeri.

(Foto: Marc Dossman/AFP)

Der Drahtzieher im Korruptionsskandal verspricht der belgischen Justiz umfassende Zusammenarbeit - im Gegenzug wird er weniger hart bestraft.

Von Josef Kelnberger, Brüssel

Es gibt nun die berechtigte Hoffnung, dass der Korruptionsskandal im Europaparlament zur Gänze aufgeklärt wird: Der ehemalige Europaabgeordnete Pier Antonio Panzeri, der als Schlüsselfigur in der Affäre gilt, hat sich am Dienstag vertraglich dazu verpflichtet, mit der belgischen Justiz vollumfänglich zusammenzuarbeiten und sowohl über eigenes Fehlverhalten als auch über jenes anderer Beschuldigter auszusagen. Er muss also auch die Wahrheit über Eva Kaili sagen, die im Verdacht steht, als Vizepräsidentin des Parlaments gegen Geld die Interessen von Katar vertreten zu haben.

Im Gegenzug wird Panzeri zugesichert, dass ihm die Zusammenarbeit strafmildernd ausgelegt wird. Die Vereinbarung bezieht sich auf einen Artikel in der belgischen Strafprozessordnung, der für "reuige Verdächtige" gilt. Das geht aus einer Mitteilung der belgischen Staatsanwaltschaft vom Dienstag hervor.

Panzeri wurde bei einer großen Polizeiaktion am 9. Dezember in Brüssel festgenommen und sitzt seither in Untersuchungshaft. Er steht im Verdacht, nach Ende seiner Amtszeit im Europaparlament im Jahr 2019 im Auftrag von Marokko und Katar Abgeordnete bestochen zu haben. Am selben Tag wurden auch Eva Kaili sowie ihr Lebensgefährte Francesco Giorgi verhaftet. Giorgi, ein Parlamentsmitarbeiter, gilt als rechte Hand von Panzeri. In den Wohnungen von Panzeri und dem Paar Kaili/Giorgi fand die Polizei am 9. Dezember Bargeld in Höhe von insgesamt 1,2 Millionen Euro.

Die "Pentiti"-Regelung

Panzeri wird von der Staatsanwaltschaft die Leitung einer kriminellen Vereinigung, Geldwäsche sowie aktive und passive Bestechung vorgeworfen. Gemäß der jetzt getroffenen Vereinbarung verpflichtet er sich, den Ermittlern umfassende Informationen zu geben über den Modus Operandi seiner Taten, über die finanziellen Vereinbarungen mit Drittstaaten, über die eingerichteten Finanzkonstruktionen sowie über deren Nutznießer. Er muss aussagen "über die Beteiligung von bekannten oder noch nicht bekannten Personen in diesem Fall, einschließlich der Identität der Personen, die er zugibt, bestochen zu haben".

Panzeri, so heißt es in der Mitteilung der Staatsanwaltschaft, müsse im Gegenzug nur "verkürzt" ins Gefängnis. Er wird eine Geldstrafe zahlen müssen, außerdem sollen seine gesamten erworbenen Vermögenswerte eingezogen werden, die derzeit auf eine Million Euro geschätzt werden. Die strafmildernde Regelung kommt erst zum zweiten Mal in der belgischen Justizgeschichte zur Anwendung und wird "Pentiti" genannt - in Anlehnung an das gleichnamige italienische Gesetz, das in Mafia-Verfahren die Mitwirkung von "Reumütigen" belohnt.

Pier Antonio Panzeri hat am Dienstag seinen Antrag auf Entlassung aus der Untersuchungshaft zurückgezogen. In U-Haft sitzt auch weiterhin Eva Kaili. Sie leugnet den Vorwurf der Bestechlichkeit und gibt alle Schuld ihrem Lebensgefährten Francesco Giorgi.

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