Wirtschaftspolitik:Das Euro-Zonen-Budget hat seinen Namen nicht verdient

French Economy Minister Le Maire and German Finance Minister Scholz hold a news conference in Brussels

Ihr Projekt überzeugt in Europa nicht alle: Der französische Wirtschaftsminister Bruno Le Maire und der deutsche Finanzminister Olaf Scholz (rechts).

(Foto: REUTERS)

Die Idee ist zwar grundsätzlich gut, doch echte Solidarität mit schwachen Staaten sieht anders aus.

Kommentar von Alexander Mühlauer, Brüssel

Gut ein Jahr nach seiner flammenden Rede an der Sorbonne ist Emmanuel Macron auf dem harten Boden der Realpolitik gelandet. Die meisten seiner Reformideen für die Zukunft der EU sind das geblieben, was sie damals schon waren: Visionen, die viele Europäer zwar begeistern, aber im Getriebe der EU zerrieben werden. Nun gibt es immerhin etwas Konkretes: einen deutsch-französischen Vorschlag für ein Euro-Zonen-Budget. Macron musste massive Abstriche hinnehmen, die Bundesregierung zerpflückte die Forderungen des Präsidenten. Und so ist der Vorschlag nicht mehr als ein Symbol, dass Deutschland und Frankreich wenigstens noch in der Lage sind, einen Kompromiss zu finden.

Inhaltlich hält das deutsch-französische Papier leider nicht, was es verspricht. Es ist ein Euro-Zonen-Budget, das diesen Namen nicht wirklich verdient, weil Größe und Ziel nicht klar benannt werden. Vor allem aber ist es eine vertane Chance, da es einen Geburtsfehler des Euro hätte beheben können. Denn mit Beginn der Währungsunion haben die Mitgliedsländer ein entscheidendes ökonomisches Werkzeug aufgegeben: den Wechselkurs. Italien etwa kann nicht mehr wie früher die Lira abwerten, wenn sich deutsche Produkte dort gerade gar zu gut verkaufen.

Hinzukommt, dass die Europäische Zentralbank nur Geldpolitik für den gesamten Euroraum machen kann. Genau wie in den USA oder in China gibt es nur einen Zentralbankzins. Und der ist in den Ländern, wo es wirtschaftlich gerade gut läuft, tendenziell zu niedrig. Nun entwickelt sich die Konjunktur in den einzelnen Staaten aber unterschiedlich. Kommt es zur Krise, kann ein Land mit eigener Zentralbank wie Großbritannien oder die Schweiz gegensteuern. Dieses Instrument gibt es in einer Währungsunion nicht.

Kritik an mehr Umverteilung

Um das auszugleichen, wäre ein Euro-Zonen-Budget der richtige Weg. Es kann dafür sorgen, dass die Lebensverhältnisse in der Währungsunion nicht zu sehr auseinanderdriften. Doch anstatt ein Zeichen der Solidarität zu setzen, droht mit dem deutsch-französischen Vorschlag sogar die Spaltung zwischen Euro- und Nicht-Euro-Staaten. Denn wie von Berlin gefordert, soll das Budget Teil des nächsten EU-Gesamthaushalts der Jahre 2021 bis 2027 sein, der von allen Mitgliedsländern einstimmig beschlossen werden muss. Nur: Warum sollten Staaten, die nicht Teil der Währungsunion sind, dem überhaupt zustimmen, wenn sie doch davon nicht profitieren?

Auch innerhalb der Euro-Zone gibt es Widerstände, die bei einem Treffen der Euro-Finanzminister am Montag noch einmal deutlich wurden. So sehen Staaten wie die Niederlande oder Irland ein neues Umverteilungsinstrument grundsätzlich kritisch, auch die Regierung Italiens kritisierte die Pläne. Unklar ist auch, woher das Geld für so ein Instrument kommen soll. Genannt wird lediglich eine Finanztransaktionsteuer, über die seit Jahren gestritten wird. Offen ist auch die Größenordnung. An Macrons Forderung, dafür "mehrere Prozentpunkte" der Wirtschaftsleistung aller Eurostaaten zu verwenden, ist gar nicht mehr zu denken. Jeder EU-Staat überweist in den Gesamthaushalt nur etwa ein Prozent seiner Wirtschaftsleistung - nach dem Brexit dürfte keiner bereit sein, noch mehr zu zahlen.

Gut möglich, dass der deutsch-französische Vorschlag auch deshalb so wenig klar ist, weil völlig offen ist, ob der oder die Nachfolgerin von Angela Merkel im CDU-Vorsitz (und Kanzleramt) den Vorstoß überhaupt mitträgt. Das gilt übrigens auch für Macrons Ideen einer EU-Digitalsteuer oder einer europäischen Armee.

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