Europawahl:"In diesem Jahr will ich unbedingt mitwählen"

Sie kommen aus Rumänien, Italien und Großbritannien. Erzsébet Lajos, Salvatore Grancagnolo und Helena Layzell erzählen warum sie nicht in ihrer Heimat, sondern in Deutschland wählen gehen wollen.

Einen Abgeordneten aus der Heimat wählen? Niemals. Drei Protokolle über die Entscheidung, in der Bundesrepublik zur Wahl zu gehen.

Privat

Hat die ungarische und rumänische Staatsbürgerschaft, lebt aber in Berlin.

(Foto: Privat)

Erzsébet Lajos, 27, Berlin

Ich bin vor fünf Jahren aus Rumänien nach Berlin gekommen, um an der FU meinen Master in Osteuropastudien zu machen. Vorher habe ich in Cluj-Napoca studiert, Deutsch, Ungarisch und Rumänisch. Ich habe nicht nur die rumänische, sondern auch die ungarische Staatsbürgerschaft. Trotzdem werde ich wahrscheinlich in Deutschland wählen gehen. Wen genau, weiß ich noch nicht - ich kenne die Abgeordneten nicht beim Namen. Ich gehe eher nach Partei und politischer Richtung.

Die Entscheidung, wo ich wählen gehen soll, ist mir nicht leicht gefallen. Aber es ist einfach so, dass ich den rumänischen Abgeordneten nicht traue. In der letzten Zeit hat es so viel plötzlichen Personalwechsel gegeben, nicht jeder steht zu seinem Wort. In Deutschland ist es sicher auch nicht ideal. Aber die Verhältnisse, die Positionen Einzelner, sind einfach stabiler. Zurzeit arbeite ich freiberuflich im Vereinssektor, meistens zu Osteuropathemen. Berlin gefällt mir sehr gut, hier ist man frei, aber nie fremd. Im vergangenen Jahr war ich dabei, als auch in Berlin gegen ein umweltgefährdendes Goldbergwerk in Roșia Montană protestiert wurde. Es ist wichtig, dass unser Blick über Grenzen hinaus geht.

Von Ulrike Nimz

Salvatore Grancagnolo, 45, Chemnitz

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Kommt aus Italien will aber auf keinen Fall Berlusconi wählen.

(Foto: Privat)

Ich bin 1996 nach Chemnitz gekommen, als Folge dessen, was man in Italien "Fuga dei Cervelli" nennt - also die Flucht junger, gut ausgebildeter Leute. Ich bin in Sizilien aufgewachsen und zweisprachig erzogen worden, was sich später ja als klarer Vorteil herausgestellt hat. Als ich nach Deutschland kam, habe ich anfangs in der Baubranche gearbeitet, heute bin ich IT-Systemkaufmann in einem mittelständischen Unternehmen. Nebenher gebe ich Italienischkurse an der Volkshochschule. Das ist meine Leidenschaft sozusagen.

Ich werde am 25. Mai wählen, aber natürlich einen italienischen Abgeordneten. Keine Angst - nicht Berlusconi. Ich wähle immer die Demokraten. Und vor allem gehe ich zu jeder Wahl, auch zur Kommunalwahl hier in Chemnitz. Ich würde mich als sehr politischen Menschen bezeichnen. Aber Europa ist für mich mehr ein Gefühl als ein Wort oder eine Institution. Die EU zum Beispiel verbinde ich nicht damit. Europa - das ist die teils blutige Geschichte, die wir teilen, und aus der wir hoffentlich für immer unsere Lehren gezogen haben. Der Fakt, dass wir heute über Grenzen fahren und überall neue Kulturen und Freunde finden können, ist großartig.

Von Ulrike Nimz

Helena Layzell, 34, Hamburg

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Will unbedingt in Deutschland wählen.

(Foto: Privat)

Ich bin Britin und lebe seit zehn Jahren in Deutschland; gekommen bin ich aus privaten Gründen, geblieben aus beruflichen. Ich arbeite in Hamburg als Ergotherapeutin. Bei den vergangenen EU-Wahlen habe ich geschlampt, aber in diesem Jahr will ich unbedingt mitwählen, ich habe richtig Lust darauf, bin diesmal auch besser informiert. Eigentlich wollte ich einen deutschen Abgeordneten wählen, weil ich mich hier mehr involviert fühle als in England.

Ich dachte, die Wahlunterlagen kommen zusammen mit den Unterlagen zur Bezirkswahl. Doch als der Umschlag eintraf, war keine EU-Wahlbenachrichtigung dabei. Ich habe dann bei der Hotline angerufen: Ich hätte mich hier in ein Wählerverzeichnis eintragen lassen müssen, dazu sei es jetzt zu spät. Ich wusste das nicht. An wen ich mich in England wenden muss, um meine Stimme abgeben zu können, versuche ich gerade rauszufinden. Ich wähle eher links; dass in Großbritannien die Ukip so stark geworden ist, gefällt mir nicht. Ich verfolge das ein bisschen, meine Mutter schimpft immer darüber. Auch in den Niederlanden, wo meine zwei Schwestern leben, ist der Einfluss der Rechtspopulisten groß. Ich bin aber optimistisch, dass sie in Deutschland nicht so viel Erfolg haben werden.

Von Luisa Seeling

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