Europawahl in Österreich:FPÖ klar auf Platz eins

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Herbert Kickl, Chef der in Teilen rechtsextremen FPÖ, bei der Abschlusskundgebung seiner Partei im Europawahlkampf. (Foto: Christian Bruna/Getty Images)

Die österreichischen Rechtspopulisten ziehen der politischen Konkurrenz davon. Die Kanzlerpartei ÖVP stürzt ab – keine vier Monate vor der Nationalratswahl.

Von Cathrin Kahlweit, Wien

Es ist ein Sieg, der allseits erwartet worden war, und doch ist der Schrecken im Regierungslager und bei den Sozialdemokraten groß. Die in Teilen rechtsextreme FPÖ unter ihrem Parteichef Herbert Kickl, die seit vielen Monaten die Umfragen anführt, liegt tatsächlich erstmals in ganz Österreich bei einer bundesweiten Wahl vor der gesamten politischen Konkurrenz. 27 Prozent holten die Freiheitlichen; aber das allein ist nicht die Sensation. Schon früher hatte die FPÖ 27 Prozent geschafft, aber damit war sie noch nie auf Platz eins gelegen.

Nun aber stürzte die ÖVP unter Kanzler Karl Nehammer um satte elf Punkte ab auf 23,5 Prozent. Der grüne Koalitionspartner, der von einer Chat-Affäre um die junge Spitzenkandidatin Lena Schilling gebeutelt worden war, verlor 3,6 Punkte und landete bei etwas mehr zehn Prozent. Die Regierung in Wien, wo Ende September der Nationalrat gewählt wird, liegt damit derzeit gemeinsam nur knapp vor den Rechtspopulisten.

Die liberalen Neos legen ebenfalls zu

Die SPÖ wiederum, die unter ihrem erst vor einem Jahr nach längeren, parteiinternen Querelen gewählten Parteichef Andreas Babler auf einen Neustart gesetzt hatte, verlor sogar ein Prozent. Damit liegen die Sozialdemokraten gleichauf mit der ÖVP.

Die einzige Partei, die neben der FPÖ – und der KPÖ – zugelegt hat, sind die liberalen Neos, die Stimmen von Grün-Wählern bekommen haben dürften. Die Neos waren auch die einzige Partei der Mitte, die mit dem Thema Europa und einem deutlich russlandkritischen sowie proukrainischen Kurs Wahlkampf machte – und dafür mit zwei Prozent Zuwachs belohnt wurde. Dennoch reichte es nur für insgesamt zehn Prozent.

Und so ist die FPÖ die eindeutige Wahlsiegerin der Europawahl in Österreich. Sie hatte Slogans wie „EU-Wahnsinn stoppen“ plakatiert, sich für eine „Halbierung von EU-Parlament, Kommission und EU-Budget“ ausgesprochen und steht außenpolitisch auf der Seite Moskaus. Mit Putins Partei „Einiges Russland“ hatte sie 2016 einen „Freundschaftsvertrag“ geschlossen, den Krieg gegen die Ukraine nie eindeutig verurteilt. EU-Spitzenkandidat Harald Vilimsky, der Zeit seines Berufslebens von der Partei beziehungsweise öffentlichen Ämtern gelebt hat, agitierte im Wahlkampf gegen „das System“.

Nach einer relativ kurzen Sommerpause wird das Land demnächst in den Nationalratswahlkampf starten. Derzeit gehen Meinungsforscher und politische Konkurrenten davon aus, dass die FPÖ auch diese Wahlen gewinnen und Anspruch auf die Kanzlerschaft stellen wird.

Neos, Grüne und SPÖ beteuern, nicht mit den Rechtspopulisten regieren zu wollen. Die ÖVP fährt den schwer durchzuhaltenden Kurs, eine Koalition nur ohne Parteichef Herbert Kickl eingehen zu wollen. So oder so dürfte Österreich noch weiter nach rechts rücken.

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