Süddeutsche Zeitung

Europas Grenzen:Grenzüberwachungssystem Eurosur startet

Lesezeit: 1 Min.

Abwehr oder Rettung von Flüchtlingen? Die EU beginnt mit dem Grenzüberwachungssystem Eurosur. Doch viele kritisieren die technische Aufrüstung der Grenzen.

Die Europäische Union startet das Grenzüberwachungssystem Eurosur. Über das Kommunikationssystem teilen die EU-Länder ihre Informationen über Bewegungen an den Außengrenzen und auf See. Dabei wird auch die EU-Grenzschutzagentur Frontex einbezogen. So sollen Bootsflüchtlinge schneller geortet werden können. Gleichzeitig soll das "European Border Surveillance System" den Behörden ein wirkungsvolleres Eingreifen gegen Drogen- und Menschenschmuggler ermöglichen. Eurosur startet zunächst in 18 EU-Staaten und Norwegen. Deutschland und sieben weitere EU-Länder folgen erst in einem Jahr.

Die EU hatte Eurosur bereits vor den jüngsten Flüchtlingstragödien im Mittelmeer mit Hunderten Toten geplant. Kritiker - etwa aus Reihen der Kirchen - hatten während der Debatten gerügt, dass die Gesetzestexte zu Eurosur einen zu schwachen Fokus auf die Seenotrettung legten. Kommissionsvertreter widersprachen bei der Vorstellung des Projekts am Freitag dieser Sichtweise: "Eurosur ist eine echte europäische Lösung, die es ermöglicht, Migranten aus überfüllten und nicht seetüchtigen Booten zu retten", unterstrich die EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström.

Auch die Grünen-Europaabgeordnete Ska Keller kritisierte, dass es bei dem Überwachungssystem nicht in erster Linie um Rettung von Flüchtlingen gehe, sondern um deren Abwehr. Keller sieht das gesamte System kritisch. Auch, weil mit den Mittelmeeranrainerstaaten der EU über eine Rückführung der Flüchtlinge verhandelt werden solle, etwa mit Libyen. Nachdem das Zurückdrängen von Flüchtlingsbooten durch die Grenzschutzbehörde Frontex in die Kritik geraten sei, "sollen jetzt die Nachbarstaaten der EU diese Drecksarbeit übernehmen", sagte Keller dem Kölner Stadt-Anzeiger. Sie sollten Boote abfangen, die Frontex bei der Überwachung des Mittelmeers entdeckt hat. Das neue Grenzsystem dränge Flüchtlinge auf "nur noch gefährlichere Routen".

Die EU-Kommission trat zudem Vorwürfen entgegen, denen zufolge es sich bei Eurosur um ein Programm zur technologischen Hochrüstung der Grenzen handele. Es gehe weniger um Technologie als um einen intelligenten Informationsaustausch, sagte ein Beamter. Die Nutzung von Drohnen im Rahmen von Eurosur sei nicht geplant, da diese im zivilen Luftraum der EU nicht erlaubt seien, unterstrich Kommissionssprecher Michele Cercone.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen für 0,99 € zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1832893
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
dpa/kir/
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.