Europäische Union:Warum Rechtspopulisten gemeinsame Sache mit Russland machen

Wladimir Putin

Zwischen seinem Machtapparat und europäischen Rechtspopulisten gibt es enge Beziehungen: Russlands Präsident Putin.

(Foto: dpa)
  • Die rechtspopulistische FPÖ schließt ein Abkommen mit der russischen Regierungspartei "Einiges Russland".
  • Nicht nur in Österreich sind die Kontakte der Rechten nach Russland gut. Zahlreiche europäische Parteien pflegen sie.
  • Darunter ist auch die AfD - auch wenn sie das auf Nachfrage nicht zugeben will.

Von Benedikt Peters

Am Samstag um 15.38 Uhr postet Norbert Hofer ein Foto auf Facebook. Zu sehen ist die Skyline einer russischen Großstadt, und damit seine Fangemeinde sie auch erkennt, schreibt er dazu: "Arbeitsgespräche in Moskau. Einsatz für unsere wunderbare Heimat Österreich." Zwei Stunden später tauchen dann Selfies der wichtigsten Mitglieder der Delegation auf, vier Herren lächeln in die Kamera. Hofer begleiten FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, Parteigeneralsekretär Harald Vilimsky sowie der Wiener Vizebürgermeister Johann Gudenus.

Zwei Tage später haben die Rechtspopulisten nun den Zweck ihrer Reise in die russische Hauptstadt bekannt gegeben: Man habe ein Arbeitsabkommen mit "Einiges Russland" unterzeichnet, der Partei Wladimir Putins. Der russische Präsident selbst gab sich nicht die Ehre, dafür aber Duma-Vizepräsident Pjotr Tolstoi sowie der stellvertretende Parteigeneralsekretär Sergej Schelesnjak.

Kritiker fürchten, Russland und die Rechtspopulisten betreiben die Spaltung Europas

Den Inhalt des Abkommens hatten österreichische Journalisten am Morgen veröffentlicht. Es sieht unter anderem vor, dass "Einiges Russland" und die FPÖ gemeinsame Beratungen zu den österreichisch-russischen Beziehungen abhalten. Außerdem wollen sie die wirtschaftliche Entwicklung beider Länder unterstützen und "zur Erziehung der jungen Generationen im Geiste von Patriotismus und Arbeitsfreude beitragen".

Besonders konkret sind die Vereinbarungen also nicht. Dennoch stoßen sie auf teils heftige Kritik. Der österreichische Grünen-Politiker Michel Reimon etwa teilt mit, das Ziel des Abkommens sei, "die Sanktionen der EU gegen Russland auszuhebeln". Die Sanktionen verhängte Brüssel nach der russischen Annexion der Krim 2014.

Die Aufhebung der Sanktionen fordert die FPÖ seit Langem. Ihr Handlungsspielraum ist diesbezüglich aber sehr begrenzt, da sie nicht an der Regierung in Wien beteiligt ist. Dennoch hält Reimon die FPÖ-Kontakte nach Russland für gefährlich. Wenn Politiker wie Strache und Hofer gewählt würden und mit ihrer russlandfreundlichen Politik weitermachten, könne dies zur Spaltung der EU führen, befürchtet er.

Seit Jahren unterhält die FPÖ enge Beziehungen nach Moskau - und sie ist damit unter den rechten Parteien in Europa bei Weitem kein Einzelfall. Der Front National (FN) in Frankreich etwa pflegt ein enges Verhältnis zu Wladimir Putin und seinem Umfeld. FN-Spitzenpolitiker sind regelmäßig zu Besuch in Moskau und auf der Krim, zu deren "Angliederung" die Partei Russland öffentlich gratulierte. Erst Mitte November besuchte Marion Maréchal-Le Pen, eine der beiden FN-Abgeordneten in der Nationalversammlung und Nichte der Parteichefin Marine Le Pen, die russische Hauptstadt. Sie lobte Russland als wichtigen Partner und kritisierte die "schädliche Rolle" von Nato und EU im Ukraine-Konflikt.

AfD-Politiker in Moskau

Ihre Verbundenheit zahlt sich für die Franzosen offenbar direkt aus. Die First Czech Russian Bank streckt dem FN das für ihre Wahlkämpfe nötige Geld vor - nach Informationen französischer Medien bis zu 40 Millionen Euro. Bei französischen Banken bekommt der FN keine Kredite, die russische Bank gehört jedoch zwei Kreml-Vertrauten. Marine Le Pen weist Vorwürfe, die Haltung ihrer Partei hätte irgendetwas mit dieser Transaktion zu tun, von sich.

Auch zur deutschen Rechten unterhält der Kreml Beziehungen. Zwar erklärt AfD-Sprecher Christian Lüth auf Nachfrage, man unterhalte weder zur Partei "Einiges Russland" noch zur russischen Regierung "offizielle Kontakte". Was er nicht sagt: Inoffizielle gibt es sehr wohl. 2015 etwa fanden in der russischen Botschaft in Berlin Gespräche mit AfD-Vertretern statt; anwesend waren unter anderem AfD-Vorstandsmitglied Georg Pazderski und ausgerechnet Parteisprecher Christian Lüth.

Ebenfalls 2015 reiste Parteivize Alexander Gauland nach Moskau und traf dort mit führenden Politikern der Putin-Partei zusammen. Seine Reise bezahlte die Stiftung "Sankt Basilius", die einem Oligarchen mit guten Kontakten zum Kreml nahesteht. Auch zu Pegida unterhalten russische Regierungsvertreter Beziehungen. Zudem sind auf Veranstaltungen der fremdenfeindlichen Bewegung immer wieder Russlandfahnen zu sehen.

Das ZDF-Magazin "Frontal 21" hat vor einigen Monaten bei einem Kreml-Vertreter nachgefragt, was die russische Regierung zu derartigen Kontakten bewege. Dazu sagt der für internationale Beziehungen zuständige Andrej Klimow: "In Deutschland gibt es mittlerweile viele neue politische Strukturen. Die sind eine Antwort auf eine nicht besonders glückliche Migrations-Situation, auf Arbeitslosigkeit, die Perspektive beim Wirtschaftswachstum, die Abhängigkeit von den USA. Menschen, die in diese Parteien eintreten, finden keine Antworten auf ihre Fragen bei den existierenden politischen Kräften."

Angesichts solcher Äußerungen werfen Kritiker der russischen Regierung und rechten Parteien in der EU vor, sie würden zusammenarbeiten, um dort liberale Regierungen zu destabilisieren. Dafür nutzten sie den Unmut in einigen Teilen der Bevölkerung über die Flüchtlingspolitik der EU.

Ganz neu ist das Phänomen freilich nicht. Bereits 2014 schrieb das ungarische Forschungsinstitut Political Capital, unter den 24 einflussreichsten Rechtsparteien in der EU seien 15, die sich zu Russland bekennen würden. Viele von ihnen hätten sich von eben jener EU abgewendet. Gennant werden etwa die griechischen Rechtsextremen von der Partei "Goldene Morgenröte", die "British National Party" sowie die Lega Nord. Deren Vorsitzender sagte im Dezember 2013: "Meiner Meinung nach repräsentiert Russland die Zukunft."

Mitarbeit: Lilith Volkert

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