Süddeutsche Zeitung

Europäische Union:Post für Orbán

Ungarns Premier hatte 440 Millionen für den Grenzzaun gefordert. Jetzt antwortet Kommissionschef Juncker - mit dem Geld wird es wohl nichts werden.

Von Daniel Brössler, Brüssel

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat in deutlicher Form auf Forderungen des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán reagiert, die EU solle die Hälfte der Kosten für einen Grenzzaun zur Abwehr von Flüchtlingen übernehmen. Er begrüße, dass Ungarn "Solidarität als wichtiges Prinzip der Europäischen Union" anerkenne, schrieb Juncker in einem der Süddeutschen Zeitung vorliegenden Brief an Orbán. "Solidarität ist eine Zweibahnstraße. Es gibt Zeiten, in denen Mitgliedstaaten erwarten können, Solidarität zu erfahren. Und es gibt Zeiten, in denen sie im Gegenzug bereit sein sollten, einen Beitrag zu leisten", fügte er hinzu. Juncker erinnerte an einen Vorschlag der EU-Kommission zur Umverteilung von Flüchtlingen im Jahr 2015, der neben Italien und Griechenland auch Ungarn hätte entlasten sollen. Ungarn habe "indes entschieden, dieses Angebot konkreter Solidarität abzulehnen". Es habe so darauf verzichtet, von der Verteilung von bis zu 54000 Menschen zu profitieren. Gegen den Verteilmechanismus hat Ungarn zusammen mit der Slowakei vor dem Europäischen Gerichtshof geklagt. Das Urteil fällt an diesem Mittwoch.

Orbán verlangt 440 Millionen Euro für den ungarischen Grenzzaun, weil dieser "ganz Europa gegen die Flut illegaler Migranten" schütze. Im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise habe Ungarn in den Jahren 2014 und 2015 Anspruch auf EU-Notfallhilfe in Höhe von 6,26 Millionen Euro gehabt, aber nur 33 Prozent genutzt, schrieb Juncker. Außerdem stünden Ungarn 40 Millionen Euro aus EU-Mitteln für die Sicherung der EU-Außengrenzen zu. Wünsche es mehr Mittel, so werde das geprüft.

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Quelle:
SZ vom 06.09.2017
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