Europäische Union:Wie Macron den Einfluss Frankreichs in der EU vergrößern will

French President Emmanuel Macron arrives at the EU summit in Brussels

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron will die Euro-Zone stärken. Von seinen Vorschlägen findet sich in den Sondierungs-Papieren nichts.

(Foto: Gonzalo Fuentes/Reuters)
  • Der französische Präsident Macron ist fest entschlossen, den Einfluss seines Landes in der EU wieder zu stärken, vor allem innerhalb der Währungsunion.
  • Wie aus Paris zu hören ist, möchte Macron am liebsten einen seiner Vertrauten als Euro-Gruppen-Präsidenten installieren.
  • Macrons Ideen für eine Umgestaltung der Euro-Zone stoßen aber besonders in Berliner Unionskreisen auf Skepsis.

Von Alexander Mühlauer, Brüssel

Es ist Sommerpause in Brüssel. Wer kann, hat die Stadt längst verlassen und kommt erst Ende August wieder. Spätestens dann wird sie aber losgehen, die große Debatte, wie es nun weitergehen soll mit diesem Europa. Richtig konkret dürfte es zwar erst nach der Bundestagswahl werden; doch Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron versucht schon jetzt, europapolitische Weichen zu stellen. Der Franzose ist fest entschlossen, den Einfluss seines Landes in der EU wieder zu stärken. Vor allem in einem Bereich, der in den vergangenen Jahren von Deutschland dominiert wurde: der Währungsunion.

Wie aus Paris zu hören ist, will Macron einflussreiche EU-Posten mit seinen Vertrauten besetzen. Besonders einen Job hat er offenbar im Auge: den des Euro-Gruppen-Präsidenten. Ginge es nach den Vorstellungen in Paris, könnte Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire den Vorsitz seiner europäischen Amtskollegen übernehmen.

Das Mandat des amtierenden Präsidenten Jeroen Dijsselbloem läuft im Januar aus. Die Chancen von Le Maire stehen nicht schlecht, es mangelt an Bewerbern, die auch in Berlin auf Zustimmung stoßen. Ein Franzose als Euro-Gruppen-Chef wäre zudem ein Signal, dass es die neue Bundesregierung ernst meint mit einer Vertiefung der Integration in der Euro-Zone.

In Brüssel ist die Hoffnung jedenfalls groß, dass der viel beschworene deutsch-französische Motor wieder rund läuft. Doch so einfach ist es nicht. Die Vorstellungen Macrons stoßen besonders in Berliner Unionskreisen auf Skepsis. Macron will einen eigenen Haushalt für die Euro-Zone schaffen, samt Euro-Finanzminister und Parlament für den Währungsraum. Die Verteilung von Geld will der Franzose nicht primär daran knüpfen, wie Fiskalregeln eingehalten werden, sondern auch an soziale Faktoren. Wie das genau funktionieren soll, muss er noch erklären.

Macrons Kandidat: fordernd, aber stets versöhnlich

Fest steht nur: Der Konflikt zwischen den Verfechtern einer schwarzen Haushaltsnull im Norden und den auf Investitionen dringenden Südeuropäern wird anhalten. Der neue Präsident der Euro-Gruppe wird diese Debatte führen müssen - und so oder so die Zukunft der Euro-Zone maßgeblich beeinflussen. An seiner Seite steht der Chef der sogenannten Euro Working Group in Brüssel. Bislang leitet diese der einflussreiche Österreicher Thomas Wieser. Er bereitet die Treffen der Euro-Finanzminister in enger Absprache mit Dijsselbloem vor. Auch diesen Posten hat man in Paris im Blick, sollte es mit dem Vorsitz der Finanzministerrunde nicht klappen.

Denn auch wenn die Absprachen zwischen Berlin und Paris wieder enger werden sollten, ist es noch lange nicht ausgemacht, dass ein Franzose auch zum Präsidenten der Euro-Gruppe gewählt wird. Immerhin hat sich Le Maire bei seinen ersten Sitzungen als jemand erwiesen, der offenbar den richtigen Ton trifft: fordernd, aber stets versöhnlich.

Als die Ministerrunde etwa am Ende ihres Treffens im Mai feststellen musste, dass sie mal wieder zu keiner Einigung im Griechenland-Streit kommen konnte, erklärte der Franzose: "Ich verstehe die Position, die Euklid (Tsakalotos) klargemacht hat." Und dann sagte er noch, dass er natürlich auch mit "der Position von Wolfgang (Schäuble)" übereinstimme. Le Maire gab in dieser Nachtsitzung eher den Vermittler als den Verhandler.

Le Maires Aufgabe ist es, das Vertrauen Schäubles zu gewinnen

Überhaupt versucht der fließend Deutsch sprechende Le Maire, vor allem dem Bundesfinanzminister das Gefühl zu geben, dass in Paris wieder ein Partner sitzt, auf den sich Berlin verlassen kann. Bei all den Ideen, die Präsident Macron für die Währungsunion haben mag, ist es allen voran Le Maires Aufgabe, das Vertrauen Schäubles zu gewinnen - wobei natürlich noch offen ist, ob der CDU-Mann der nächsten Bundesregierung angehören wird.

Bei Brüsseler Personalien wie dem Euro-Gruppen-Vorsitz darf man eines nicht vergessen: die spezielle Macht-Arithmetik der EU. Da die wichtigsten Positionen in Brüssel mit Konservativen besetzt sind, pochen die europäischen Sozialdemokraten darauf, dass der nächste Euro-Gruppen-Präsident einer von ihnen sein muss. Doch noch ist offen, wo sich Macrons Partei, der auch Le Maire angehört, auf der europäischen Bühne positionieren wird.

Aus deutscher Sicht spielt noch eine andere wichtige Überlegung mit: Auch die Nachfolge von Mario Draghi, dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank, muss geregelt werden. Und sollte diesmal ein Deutscher zum Zug kommen, wäre ein französischer Euro-Gruppen-Chef nur so etwas wie ausgleichende Gerechtigkeit. Denn zuletzt haben gleich zwei Deutsche, Klaus Regling als Chef des Euro-Rettungsfonds ESM und Werner Hoyer als Präsident der Europäischen Investitionsbank, ihre Verträge verlängert bekommen.

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