Europa:Unter Freunden

Wolfgang Schäuble trifft geradezu blind den richtigen Ton.

Von Cerstin Gammelin

À l'époque, sagen Franzosen, wenn sie von früher reden. Jenen Zeiten, in denen Liebeserklärungen aus Paris dazu geführt hätten, dass der deutsche Kanzler, etwa Helmut Kohl, umgehend in die französische Hauptstadt gereist wäre, um begeistert Ja zu sagen. Einer, der diese Epoche noch in sich trägt, ist Wolfgang Schäuble. Das erklärt wohl, warum der Grandseigneur der CDU jetzt das getan hat, was überfällig war. Er hat verbal einigen Balsam auf die zuletzt vor allem von seiner Partei arg geschundene deutsch-französische Seele gekippt. Endlich!

Freundlich, aber deutlich hat Schäuble die Abschaffung von Straßburg als Parlamentssitz in die ferne Zukunft geschoben. Er hat deutsche Gegenleistungen dafür angeboten, sollte Paris den nationalen Sitz im UN-Sicherheitsrat an Europa abgeben. Und schließlich hat er sich für soziale Mindeststandards in Europa ausgesprochen, für den europäischen Mindestlohn.

Das alles sollten Selbstverständlichkeiten sein in einer Union, die Europa ganz vorne in den Koalitionsvertrag hat schreiben lassen. Dass Schäuble das Thema nun explizit setzt, zeigt, dass er sich sorgt: um das deutsch-französische Miteinander ebenso wie um Europa. Und nebenbei stellt Schäuble klar, was er von den jüngsten Einlassungen der CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hält. Freundlich gesagt: nicht viel.

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