Europa:Oettinger fordert Strenge

Die EU soll nach dem Willen ihres Haushaltskommissars Einschränkungen der Rechtsstaatlichkeit finanziell ahnden können - beispielsweise in Polen, Ungarn und Rumänien.

Von Daniel Brössler, Berlin

Die Europäische Union wird nach Überzeugung von EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger schon bald mit empfindlichen finanziellen Strafen auf die Einschränkung der Rechtsstaatlichkeit in Mitgliedsländern reagieren. Die Unabhängigkeit der Justiz sei derzeit "in Polen, in Ungarn und in anderer Form in Rumänien infrage gestellt", sagte Oettinger am Montagabend in Berlin. Nach einem von ihm vorgelegten Vorschlag für den nächsten mehrjährigen Haushalt kann die EU-Kommission darauf mit einer Verringerung von Finanzmitteln reagieren. "Ich baue darauf, dass dieses von Rat und Parlament für den Haushalt des nächsten Jahrzehnts beschlossen wird", sagte er. 20 der noch 28 EU-Staaten seien dafür. Das EU-Parlament hatte sich Mitte Januar mit breiter Mehrheit für ein solches Instrument ausgesprochen. Oettingers Vorschlag sieht vor, dass die EU-Kommission Zahlungen verringern kann, wenn etwa eine wirksame Kontrolle der Behörden durch unabhängige Gerichte nicht mehr gegeben ist.

An diesem Donnerstag soll auch der Bundestag über den richtigen Umgang mit Ländern wie Polen und Ungarn diskutieren. Die Grünen wollen dann ein Konzept präsentieren, das sich deutlich von dem der EU-Kommission unterscheidet. "Oettingers Vorschlag ist unrealistisch in der Umsetzung und potenziell kontraproduktiv", sagte die europapolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Franziska Brantner, der Süddeutschen Zeitung. Es sei unwahrscheinlich, dass die betroffenen Staaten die ausbleibenden Mittel aus dem eigenen Haushalt ersetzten. Eher werde es zu Kürzungen und dadurch zu Ärger über die EU kommen.

Nach Vorstellung der Grünen sollen alle EU-Mitgliedstaaten kontinuierlich durch eine unabhängige "Rechtsstaatskommission" auf die Einhaltung von Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Grundrechten hin überprüft werden. Sie solle aus Verfassungsfachleuten bestehen, die durch die nationalen Parlamente sowie das EU-Parlament ernannt werden, heißt es in einem Antrag der Grünen. EU-Mittel sollten "Mitgliedstaaten mit systemischen Rechtsstaatsdefiziten nicht zugute kommen". Allerdings solle es dann direkte Zahlungen etwa an Kommunen oder die Zivilgesellschaft in den betroffenen Staaten geben. Der "Instrumentenkasten" der EU für Verstöße gegen das Rechtsstaatsprinzip müsse um die Kürzung von Mitteln erweitert werden, fordert auch die FDP in einem Antrag.

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