Bundeskanzlerin Angela Merkel hat ihre Überlegungen zur Reform der Euro-Zone dargelegt und damit konkreter auf die Pläne des französischen Präsidenten Emmanuel Macron reagiert. Merkel spricht sich in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung für einen Investitionshaushalt für die Euro-Zone aus, der "im unteren zweistelligen Milliardenbereich liegen" werde. Er solle schrittweise eingeführt werden. Das Geld solle dazu dienen, "eine schnellere wirtschaftliche Konvergenz zwischen den Mitgliedstaaten" zu erreichen. "Klären müssen wir noch, ob dieses zusätzliche Budget innerhalb oder außerhalb des EU-Haushalts verwaltet werden soll", sagt Merkel. Zudem sei darüber zu sprechen, "wie solche Ausgaben parlamentarisch kontrolliert werden können".
Der "Investivhaushalt" findet sich bereits im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD (hier als PDF). Allerdings hatte zuletzt die SPD die Union gewarnt, hinter diesen gemeinsamen Kompromiss zurückzufallen. Ende Juni treffen sich die Staats- und Regierungschefs Europas. Auf dem Gipfel soll auch über die Euro-Zone gesprochen werden.

Merkel und Macron:Den Euro krisenfest machen, aber wie?
Frankreichs Präsident Macron und Kanzlerin Merkel ringen um die richtige Mischung aus Solidarität und Eigenverantwortung in der EU.
Die Kanzlerin stellt auch ihr Konzept für einen Europäischen Währungsfonds (EWF) vor, der aus dem in der Schuldenkrise geschaffenen Stabilisierungsmechanismus ESM hervorgehen soll. "Wenn die gesamte Euro-Zone in Gefahr ist, muss der EWF wie bisher langfristige Kredite vergeben können, um Ländern zu helfen. Da geht es um Kredite, die auf dreißig Jahre angelegt und mit der Auflage weitreichender Strukturreformen verbunden sind", sagt Merkel. "Daneben kann ich mir zusätzlich die Möglichkeit einer Kreditlinie vorstellen, die kürzere Laufzeiten hat, zum Beispiel fünf Jahre." Natürlich gebe es Kredit nur "gegen Auflagen, in begrenzter Höhe und mit vollständiger Rückzahlung."
Der EWF soll Merkel zufolge unter Kontrolle der Mitgliedsstaaten stehen, in Deutschland wäre also weiterhin der Bundestag involviert. Zudem soll er die Schuldentragfähigkeit der Mitgliedstaaten bewerten und diese notfalls auch wiederherstellen können.
Macron hatte mehr gefordert
Merkels Pläne gehen weniger weit als von Frankreichs Präsident Macron gefordert. Frankreich will eine sogenannte Stabilisierungsfunktion im EWF. Die greift schon, bevor einem Mitgliedsland der Bankrott droht. Ein solches Instrument soll wirtschaftliche Schocks abfedern, die etwa der Brexit in Irland auslösen könnte.
Die Kanzlerin spricht sich auch dafür aus, die Verhandlungen über den EU-Finanzrahmen von 2021 bis 2027 vor der Europawahl im Mai 2019 abzuschließen. "In den heutigen unsicheren Zeiten muss Europa zu jedem Zeitpunkt handlungsfähig sein." Es solle in einem Zug geklärt werden, wie der künftige Haushalt der ganzen EU aussehe und wie die Struktur der Euro-Zone gestaltet werde.
Auch in der Debatte über eine engere europäische Verteidigungspolitik geht Merkel auf Frankreichs Präsident zu. "Ich stehe Präsident Macrons Vorschlag einer Interventionsinitiative positiv gegenüber." Eine solche Interventionstruppe mit einer gemeinsamen militärstrategischen Kultur müsse aber in die Struktur der verteidigungspolitischen Zusammenarbeit eingepasst werden, fügte sie mit Blick auf die vereinbarte engere Zusammenarbeit der EU-Staaten (Pesco) hinzu. Bisher hatte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) eine Beteiligung an Macrons Initiative abgelehnt, die der Präsident außerhalb der Pesco-Zusammenarbeit plante.