Federica Mogherini verliert keine Zeit. Nur Minuten, nachdem US-Präsident Donald Trump in Washington seine Ansprache beendet hat, tritt die EU-Außenbeauftragte in Rom vor die Kameras. Sie wird Bedauern äußern, auch Besorgnis. Doch es geht um viel mehr. Mogherinis kurze Ansprache markiert eine Zäsur. Als sie fertig ist, darf das Verhältnis zwischen den alten Verbündeten USA und EU offiziell als zerrüttet gelten.
Der Vertrag, der die Entwicklung von Atomwaffen durch Iran verhindere, gehöre der ganzen internationalen Gemeinschaft, sagt die Italienerin. "Die EU ist entschlossen, ihn zu erhalten", verkündet sie. Um der kollektiven Sicherheit willen erwarte man von der internationalen Gemeinschaft, ihren Teil zu tun, um das Abkommen zu bewahren. Solange Iran sich an den Deal halte, werde auch die EU es tun.
Die Frontstellung ist klar, und es ist eine, die noch vor Kurzem undenkbar gewesen wäre. Mogherini appelliert an die Vernunft, und zwar nicht länger an die in Washington, sondern an die in Teheran: "Lassen Sie niemanden dieses Abkommen demontieren. Es ist eine der größten Errungenschaften, welche die Diplomatie je zuwege gebracht hat - und wir haben sie gemeinsam erreicht."
Sorge über die von Trump angekündigten neuen Sanktionen
Schon in den Stunden vor Trumps Ausstieg aus dem Atomabkommen hatte es europäisch-iranische Gespräche über eine gemeinsame Rettungsaktion gegeben. In Brüssel kamen Abgesandte Frankreichs, Großbritanniens und Deutschlands mit Mogherinis Generalsekretärin Helga Schmid und dem iranischen Vize-Außenminister Abbas Araghchi zusammen. Es sei darum gegangen, "die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Wiener Nuklearvereinbarung aufrechterhalten und umgesetzt wird", hieß es aus dem Auswärtigen Amt.
Besorgt sind die Europäer, ob Irans Präsident Hassan Rohani dem zunehmenden Druck vonseiten der Hardliner im Land standhalten kann, die das 2015 zwischen den USA, Russland, China, Frankreich, Großbritannien, Deutschland, der EU und Iran abgeschlossene Abkommen ohnehin stets abgelehnt hatten. Mogherini schlägt deshalb Töne an, die Rohani im Machtkampf helfen sollen. Das Abkommen, sagt sie, sei der Beweis, dass der Dialog Früchte trage und "Respekt eine universelle Sprache ist".
Besonders besorgt zeigt sich die Außenbeauftragte über die von Trump angekündigten neuen Sanktionen - auch, weil diese sich potenziell gegen europäische Unternehmen richten. Die EU werde nicht nur ihre Sicherheits-, sondern auch ihre ökonomischen Interessen verteidigen, warnt Mogherini.