Europa in der Krise:EZB reicht Griechenland die Hand

Griechenland ächzt unter der Last des Sparprogramms, nun ist die Europäische Zentralbank offenbar zu Zugeständnissen bereit. Der britische Premier Cameron beklagt, es gebe nicht "zu wenig Europa, sondern zuviel davon" und bringt eine Volksabstimmung ins Gespräch.

Erst am Donnerstag hatte der griechische Ministerpräsident Antonis Samaras einen Brief geschrieben. Weil er krank war, konnte er nicht selbst zum EU-Gipfel kommen. In seinem Brief bat er darum, Änderungen am Reformprogramm seines Landes zu akzeptieren. Um Arbeitslosigkeit zu vermeiden und um die vernichtende Rezession zu stoppen. So geht das seit Wochen: Griechische Spitzenpolitiker ringen um Erleichterungen. Sie wollen dass die Auflagen gelockert werden und sie mehr Zeit für die Reformen bekommen.

File photo of Germany's Finance State Secretary holding his speech during the 14th Euro Finance Week in Frankfurt

Die EZB ist laut ihrem Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen grundsätzlich bereit, über einzelne Änderungen am griechischen Sparprogramm zu sprechen.

(Foto: REUTERS)

Nun gibt es erste Anzeichen dafür, dass die EZB dem Drängen nachgeben könnte. EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen sagte, die EZB sei grundsätzlich bereit, über Änderungen an einzelnen Punkten des Sparprogramms zu sprechen. Einzelne Änderungen seien möglich, solange die wichtigsten Ergebnisse und Ziele des Sparprogramms eingehalten würden, sagte er. Dazu gehöre, Griechenland wettbewerbsfähiger zu machen und dafür zu sorgen, dass das Land einen tragbaren Schuldenstand bekomme, sagte Asmussen der griechischen Zeitung Kathimerini.

Einer Fristverlängerung für die griechischen Sparziele um ein bis zwei Jahre gegenüber zeigte sich der deutsche Finanzexperte witerhin ablehnend. Dies würde unmittelbar die Notwendigkeit weiterer Kredite der Länder der Eurozone und des Internationalen Währungsfonds (IWF) nach sich ziehen, warnte er.

Asmussen sprach sich auch deutlich für einen Verbleib Griechenlands in der Währungsunion aus. Er sei gelegentlich überrascht von der Leichtfertigkeit, mit der manche Börsenfachleute und Journalisten von einem möglichen Ausstieg sprächen, sagte Asmussen.

Die Position seines Landes in Europa will der britische Premierminister David Cameron überdenken. Der konservative Regierungschef brachte eine Volksabstimmung über das künftige Verhältnis Großbritanniens zur Europäischen Union ins Gespräch. "Die zwei Wörter 'Europa' und 'Referendum' können meiner Meinung nach zusammengehen", schrieb er in einem Beitrag für den Sunday Telegraph. Er sei für eine "andere, flexiblere und weniger beschwerliche" Position Großbritanniens in der EU als bislang.

Besonders für die Länder, die wie Großbritannien nicht der Euro-Zone angehörten, gäbe es nicht zu wenig, sondern zu viel Europa, so Cameron: "Zu hohe Kosten, zu viel Bürokratie, zu viel Einmischung in Angelegenheiten, die den Nationalstaaten oder der Zivilgesellschaft oder dem Einzelnen überlassen werden müssen." Große Teile der EU-Gesetzgebung über soziale Fragen und die Arbeitszeiten etwa sollten nach Camerons Ansicht "kassiert werden".

Bei einem Europa-Referendum solle es aber nicht um einen Austritt aus der Union gehen. Das "wäre nicht im besten Interesse unseres Landes". Als Handelsnation benötige Großbritannien einen uneingeschränkten Zugang zum europäischen Binnenmarkt und ein Mitspracherecht bei den Regeln für diesen Markt, in den die meisten Exporte des Landes fließen. Er denke jedoch, dass die meisten Briten wie er selbst die gegenwärtigen Beziehungen zur EU ändern wollten, schrieb der Politiker.

Cameron nannte kein Datum und auch keinen Zeitraum, wann er sich ein Referendum vorstellen könnte. Eine Umfrage für die Times ergab kürzlich, das die Hälfte der Briten schnellstmöglich über die Beziehungen zur EU abstimmen will, 81 Prozent waren für eine Abstimmung in "den kommenden Jahren". Großbritannien gehört zur EU, aber nicht zur Euro-Zone und nicht zum Schengenraum.

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