Europa:Die Pandemie bestimmt

Das Virus wird die deutsche Ratspräsidentschaft prägen.

Von Karoline Meta Beisel

Um zu der Einsicht zu gelangen, die Heiko Maas an Ostern über die deutsche EU-Ratspräsidentschaft verbreitete, muss man kein Außenminister sein: "Wir werden sie zu einer Corona-Präsidentschaft machen", schrieb Maas in der Welt. Der SPD-Politiker verkauft als Tatkraft, was eigentlich nur Tatsachenbeschreibung ist: Die Pandemie und ihre Folgen werden die Politik auch ohne Zutun der Bundesregierung bestimmen.

Das Virus schreibt die Agenda der zweiten Jahreshälfte nicht vollkommen um, macht Fortschritte bei den bisherigen Themen aber umso mühsamer. Schon bisher prägten Emotionen den Streit um den EU-Haushalt - jetzt aber ringen die Staaten nicht mehr nur um Kohäsionsfonds, sondern um die Frage, ob sie überhaupt noch zusammenhalten wollen. Die Pandemie hat den Klimawandel nicht gestoppt - jetzt aber fordern Konzerne, wegen Corona die Klimaschutzvorgaben zu lockern. Weiterhin gibt es kein europäisches Asylsystem - jetzt aber noch weniger Bereitschaft, Menschen aufzunehmen. Und die Regierungen in Polen und Ungarn opfern der Pandemie den Rechtsstaat.

Ja, die deutsche Ratspräsidentschaft muss sich auch mit den unmittelbaren Corona-Folgen befassen, den Grenzen, der Medikamentenversorgung und so weiter. Kümmerte sie sich aber nur darum, wäre das zu wenig.

© SZ vom 14.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: