Süddeutsche Zeitung

Euro-Politik:Auf einer Linie

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Wie weiter in der Euro-Zone? Die Grünen haben in einem internen Papier einige Ideen gesammelt. Sie ähneln den Vorschlägen, die Wolfgang Schäuble einst machte.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Die Grünen im Bundestag nähern sich der Euro-Politik von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) an. In einem internen Positionspapier, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt, holen führende Europapolitiker von Bündnis 90/Die Grünen den früheren Vorschlag Schäubles hervor, einen Europäischen Währungsfonds zu gründen. Zugleich fordern sie, Demokratiedefizite in der Euro-Zone zu beheben.

Bundesfinanzminister Schäuble hatte im März 2010 angesichts der heraufziehenden Krise einen Europäischen Währungsfonds vorgeschlagen - die Idee anschließend aber nicht weiter verfolgt. Angesichts der heftigen Debatte über die Zukunft der Wirtschafts- und Währungsunion, die von der anhaltenden griechischen Krise befeuert wird, greifen die grünen Europapolitiker Manuel Sarrazin und Annalena Baerbock Schäubles Vorschlag in Grundzügen wieder auf. Sie fordern, der bestehende Euro-Rettungsfonds ESM solle "zu einem Europäischen Währungsfonds umgebaut" werden. Anders als Schäuble fordern sie zudem, dass neben den nationalen Parlamenten auch das EU-Parlament über Reform- und Kreditprogramme für finanziell notleidende Staaten mitbestimmen soll. Damit wollen die Grünen verhindern, dass ein Parlament über das Schicksal der gesamten Gemeinschaft entscheiden kann. Derzeit bestünden 19 nationale Parlamentsrechte, die in fünf Euro-Staaten, darunter Deutschland aus verfassungsrechtlichen Gründen so ausgestaltet seien, "dass mit einem Nein eines einzigen Parlaments ein Kreditpaket zum Scheitern gebracht werden könnte und somit ein nationales Parlament über die Zukunft eines anderes Staates bzw. der Euro-Zone entscheiden kann", schreiben die Autoren.

Schäubles Idee eines Kerneuropa lehnen die Grünen ab. Es drohe die institutionelle Spaltung der EU

Ähnlich wie Schäuble fordern sie außerdem einen Finanzminister für Europa. Dieses Amt könnte über die Verschmelzung zweier Posten entstehen: dem des EU-Kommissars für Wirtschaft und Währung sowie dem des Vorsitzenden der Gruppe der Finanzminister aus den 19 Euro-Ländern (Euro-Gruppe). Der Finanzminister müsse "mit allen für die Wirtschafts- und Währungsunion relevanten Kompetenzen" ausgestattet werden und unter anderem das Recht erhalten, nationale Haushaltspläne wirklich ablehnen zu dürfen, wenn sie europäische Regeln verletzten.

Eine andere Idee Schäubles, nämlich die eines Kerneuropa, in dem interessierte Euro-Staaten deutlich enger zusammenarbeiten als andere, lehnen die Grünen ab. "Neue Verfahren und Instrumente sollten wie bisher grundsätzlich für alle EU-Staaten gelten", schreiben sie. Die institutionelle Spaltung der EU in engverwobene Euro-Staaten und Nicht-Euro-Staaten sei "realitätsblind", da sich außer Dänemark und Großbritannien alle EU-Länder verpflichtet hätten, den Euro einzuführen. Die Abgeordneten sprechen sich auch gegen parlamentarische Parallelstrukturen aus. Sowohl eine "Euro-Kammer" innerhalb des EU-Parlaments als auch separate Euro-Abgeordnete würden das EU-Parlament spalten und schwächen. Am Ende des Positionspapiers liegen Grüne und Schäuble wieder auf einer Linie - beide fordern, die EU-Verträge zu ändern, um Europa krisenfester zu machen.

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Quelle:
SZ vom 23.07.2015
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