Euro-Noten:Schein und Sein

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(Foto: Bloomberg, dpa)

Die Unterschrift Christine Lagardes ist demnächst auf allen Euro-Scheinen zu finden. Was sagt der Handschriften-Experte?

Von Harald Freiberger

Die Menschen in Europa müssen sich umgewöhnen. Noch ist auf der Vorderseite jedes Euro-Scheins links oben die dünne Unterschrift des alten EZB-Präsidenten Mario Draghi zu sehen. Bald wird sie nach und nach ersetzt durch das Autogramm der neuen Chefin Christine Lagarde. In einer öffentlichen Zeremonie führte sie ihren Federstrich in dieser Woche vor.

Neu ist das nicht, schon auf jedem D-Mark-Schein hatte sich der jeweilige Bundesbankpräsident verewigt. Die Signaturen von Notenbankpräsidenten auf Geldnoten haben eine lange Tradition. Früher bürgten sie dafür, dass der Scheininhaber einen festgeschriebenen Gegenwert in Gold bekommt. Inzwischen hat die Unterschrift eher symbolischen Charakter, sie soll auch Vertrauen erzeugen: Unsere Währung ist sicher, und es gibt jemanden, der persönlich dafür bürgt.

Nachfrage bei einem Graphologen: Lassen sich aus den Unterschriften des alten Chefs und der neuen Chefin Rückschlüsse auf die Persönlichkeiten ziehen, eventuell sogar auf ihre Aufgabe? Der Münchner Michael Franz analysiert seit den Siebzigerjahren Handschriften für Unternehmen, die Bewerber einschätzen wollen, oder für Privatleute, die die Echtheit eines Testaments anzweifeln. Er schränkt gleich ein: "Eine Unterschrift allein ist ein sehr knappes Untersuchungsmaterial, es lassen sich daraus eigentlich keine seriösen Rückschlüsse ziehen." Wenn er aber die Unterschriften von Draghi und Lagarde genauer betrachtet, kommt er doch auf einige treffende Aussagen - ohne dass er ihre Persönlichkeiten vorher genauer gekannt hätte. "Lagardes Unterschrift ist ein typischer Breitfeder-Wechselzug", sagt Franz. Der Strich wird mal dicker, mal dünner. Das steht für eine schwungvolle, elegante, unkomplizierte Persönlichkeit, die auch locker und spontan sein kann.

Im Unterschied dazu die Unterschrift von Draghi: nüchtern, pragmatisch, funktional. "Beim M gibt es überhaupt keine Verspieltheit, das a, g und h sind klare Botschaften, das D fällt im Verhältnis klein aus", sagt Franz. Draghis Handschrift strahlt Reserviertheit aus, aber auch viel Souveränität. "Er hat es nicht nötig, sich zu verstellen, er zieht sein Ding durch." Das ist eine ziemlich exakte Beschreibung von Draghis bedeutendster Amtshandlung, seiner Londoner Rede 2012, mit der er den Euro quasi im Alleingang rettete, aber zum Verdruss vieler die Nullzinsen auf Jahre zementierte.

Mit Lagarde könnte sich zumindest der Stil ändern: "Ihre Stärke liegt in der Kommunikation, sie macht das alles gesellig und gefällig", sagt der Graphologe.

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