Süddeutsche Zeitung

Euro-Hilfen:Reiche Russen sollen für Zypern zahlen

Zypern braucht Geld, dringend. Ansonsten könnte, so die Befürchtung der Europäischen Zentralbank, die Euro-Krise wieder ausbrechen. Nun will man ausländische Investoren an einem Rettungsprogramm beteiligen. Die "elegante Lösung": Steuererhöhungen, die auch reiche Russen zahlen müssten.

Von Claus Hulverscheidt, Berlin

Die Euro-Staaten wollen reiche Bürger und Konzerne, die ihr Geld auf Zypern angelegt haben, an den Kosten des geplanten Hilfspakets für den Inselstaat beteiligen. Nach Angaben aus Verhandlungskreisen wird derzeit geprüft, wie ein Sanierungsbeitrag privater Kontoinhaber und Bankgläubiger - viele von ihnen aus Russland - aussehen könnte.

Im Gespräch sind unter anderem höhere Steuern auf Unternehmensgewinne, Kapitalerträge, Villen und Grundbesitz sowie die Einführung einer Vermögensteuer. Überlegt wird auch, Forderungen in- und ausländischer Geldgeber gegen Banken in Beteiligungen an den betroffenen Instituten umzuwandeln.

Hilfe nicht mehr zu verhindern

Zypern benötigt nach eigenem Bekunden Hilfen der Euro-Partner und des Internationalen Währungsfonds (IWF) von bis zu 17,5 Milliarden Euro. Das Geld soll vor allem in die Sanierung des maroden Finanzsektors fließen. Allerdings würde das Programm die zyprische Staatsschuld gemessen an der Wirtschaftsleistung auf ein untragbares Niveau von etwa 140 Prozent katapultieren. Auch gibt es Vorwürfe, der Inselstaat betreibe mit einem Firmensteuersatz von zehn Prozent Steuerdumping und biete sich mit einer laxen Finanzaufsicht als Anlageort für russisches Schwarzgeld an. Zypern bestreitet das allerdings.

Trotz der Probleme sieht die Bundesregierung intern keine Chance mehr, die Hilfen zu verhindern - zu groß ist der Druck der Euro-Partner und der Europäischen Zentralbank (EZB). Um das Paket dem Bundestag vermitteln zu können und das Problem der Schuldentragfähigkeit zu lösen, sucht man daher nach Möglichkeiten, Dritte an den Kosten zu beteiligen.

Ein offizieller Schuldenschnitt, der nicht zuletzt russische Gläubiger träfe, ist schwierig, weil man gleichzeitig die russische Regierung für einen Kredit an Zypern gewinnen will. Deshalb prüft man nach Angaben aus den Kreisen "elegantere" Lösungen, insbesondere Steuererhöhungen. Dem stehen allerdings mehrere Doppelbesteuerungsabkommen im Wege, die Nikosia mit anderen Regierungen geschlossen hat und die die Besteuerung von Nicht-Zyprern verbieten.

Eine Bankenpleite droht

Viel Zeit für eine Lösung bleibt nicht mehr. Das Problem ist dabei weniger die zyprische Regierung, die noch Geld hat, als vielmehr manche Bank, der die Mittel auszugehen drohen. Eine unkontrollierte Bankenpleite aber will die Troika aus EU-Kommission, EZB und IWF verhindern, weil sie die Euro-Krise erneut anfachen könnte.

Deshalb will die Troika unmittelbar nach der Präsidentschaftsstichwahl auf Zypern am Sonntag Gespräche mit der neuen Regierung beginnen und diese möglichst bis Ende März abschließen. "Wir benötigen eine baldige Entscheidung", sagte auch der Chef des Euro-Hilfsfonds ESM, Klaus Regling, der französischen Zeitung Le Figaro.

Ziel der Verhandlungen soll es sein, ein Paket zu schnüren, das die Staatsschuldenquote statt auf 140 nur auf etwa 100 Prozent erhöht. Dazu beitragen könnte neben einer Besteuerung der Kontoinhaber auch eine niedrigere Verzinsung der vorgesehenen ESM-Kredite. Zudem soll die völlig aufgeblähte zyprische Bankbranche ihre Bilanzsumme mindestens halbieren. Dazu müssten einige Banken komplett geschlossen werden.

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SZ vom 22.02.2013/webe
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