Süddeutsche Zeitung

Wegen Merkels Treffen mit Macron:CSU will Koalitionsausschuss anrufen

  • Die CSU plant, den Koalitionsausschuss anzurufen.
  • Die Partei hat Bedenken wegen der Pläne eines gemeinsamen Euro-Haushalts von Kanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Macron.
  • Die SPD verteidigt die Kanzlerin gegen Kritik aus der CSU, die vor einer Vermengung der Asyl- mit der Haushaltspolitik warnt.

Die CSU fordert nach Informationen der Süddeutschen Zeitung die Einberufung des Koalitionsausschusses. Grund sind demnach die Ergebnisse der Gespräche von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron auf Schloss Meseberg. Zuerst hatte die Bild-Zeitung darüber berichtet.

Besonders die Zustimmung der Bundeskanzlerin zur Schaffung eines begrenzten gemeinsamen Budgets für die Euro-Zone stößt bei der CSU auf Kritik. "Wir waren eigentlich immer sehr skeptisch gegenüber einem Euro-Zonen-Budget. Einfach deswegen, weil es eine Art Zusatzhaushalt ist, der da neu entstehen soll. Ist der dann dem deutschen Gesetzgeber entzogen? Bedeutet das, dass die Grundstabilität des Euro herausgefordert wird? Das muss jetzt genau geklärt werden", sagte Bayerns Ministerpräsident Söder zu der Entscheidung, den Koalitionsausschuss nun einzuschalten.

Sind Sie zufrieden mit der Arbeit der Groko in den ersten hundert Tagen?

Warum ja, warum nein? Schreiben Sie uns in einer E-Mail an innenpolitik-online@sz.de (Betreff: Groko), was Sie überzeugt hat und wovon Sie enttäuscht sind - und ziehen Sie abschließend ein kurzes Fazit. Nennen Sie uns zu Beginn bitte Ihren vollständigen Namen. Eine Auswahl der Texte wird auf SZ.de veröffentlicht.

Höhe des Budgets eines Euro-Haushalts bleibt vorerst offen

Der gemeinsame Haushalt soll Merkel und Macron zufolge in der "strategischen" Verantwortung der EU-Staaten liegen, operativ über Ausgaben entscheiden soll die EU-Kommission in Brüssel. Die Details sind noch offen. Der Haushalt soll 2021 aufgelegt werden, wenn auch der neue EU-Haushalt beginnt. Ziel des Budgets ist "Wettbewerbsfähigkeit und Konvergenz", also die wirtschaftliche Annäherung der Euro-Staaten. Die Höhe des Budgets bleibt vorerst offen. Gespeist werden soll es aus nationalen Beiträgen, Steuereinnahmen und EU-Ressourcen.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zeigt sich sehr zufrieden mit dem deutsch-französischen Reformpaket. Es sei "ein sehr ausbalancierter Vorschlag" und "in hohem Maße konsensfähig", auch wenn vielleicht nicht alle EU-Länder spontan zustimmen könnten. Juncker lobte Merkel und Macron dafür, dass sie Vorschläge der EU-Kommission übernommen haben und ging dabei besonders auf den gemeinsamen Etat ein. "Für uns ist auch wichtig, dass es ein Instrument zur Abschwächung asymmetrischer Schocks gibt", sagte er. Gemeint sind Notlagen, die einzelne Mitgliedstaaten unverschuldet treffen.

Der CDU-Haushaltspolitiker Eckhardt Rehberg reagierte hingegen eher zurückhaltend. "Vieles ist noch unklar und muss weiter präzisiert werden, etwa der Umfang des neuen Euro-Budgets und die Höhe der deutschen Beiträge", erklärte der haushaltspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion. "Die Begründung für neue Euro-Geldtöpfe und Kreditlinien, zusätzlich zu den bestehenden, werden wir uns genau ansehen."

"Jegliches Sperrfeuer ist einzustellen"

Merkel und Macron haben sich bei ihrem Treffen auch für eine europäische Lösung der Flüchtlingskrise und gegen nationale Alleingänge ausgesprochen. Die CSU fordert dagegen die Zurückweisung von in anderen EU-Staaten registrierten Flüchtlingen an der deutschen Grenze. Der Streit über das genaue Vorgehen ist zur Zerreißprobe für die Union geworden.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte erklärt, er wolle Flüchtlinge ab dem 1. Juli an der deutschen Grenze zurückweisen, wenn die europäischen Verhandlungen keinen Erfolg hätten. Merkel hatte deutlich gemacht, in diesem Fall von ihrer Richtlinienkompetenz als Kanzlerin Gebrauch zu machen. Seehofer könnte dann eigentlich nicht länger Minister bleiben, und ein Bruch des Bündnisses von CDU und CSU und damit der Koalition insgesamt stünde im Raum.

Bayerns Ministerpräsident Söder warnte Merkel davor, europäische Finanz- und Asylpolitik zu vermischen. Es könne nicht sein, dass die Kanzlerin versuche, andere europäische Länder mit finanziellen Zusagen zu einer Zusammenarbeit in Asylfragen zu bringen. "Beides sind zwei unterschiedliche Bereiche. Es braucht ein klares Rechtsstaatsprinzip", sagte er. Söder ist an diesem Mittwoch zu Gast in Wien, um sich mit dem österreichischen Kanzler Kurz zu treffen. Über Twitter verbreitete Söder ein Bild, das ihn mit dem Regierungschef zeigt, und schrieb dazu: "Gemeinsame Überzeugung in der Zuwanderungspolitik. Wir brauchen eine Begrenzung der Zuwanderung nach Europa."

Kritik am Kurs der CSU kommt wiederum von der SPD. Deren Generalsekretär Lars Klingbeil verteidigt Bundeskanzlerin Merkel auf Twitter, indem er schreibt: "Die Ergebnisse von Meseberg machen Mut. Nur gemeinsam, mit unseren französischen und allen anderen europäischen Partnern, werden wir die Herausforderungen unserer Zeit bewältigen. Egal, was die CSU sagt. #europeunited." Ralf Stegner, stellvertretender Vorsitzende der Sozialdemokraten, fragt hingegen auf Twitter in einer Unterhaltung über die von der CSU gesetzten Fristen rhetorisch, ob man vor den "Ultimaten der Alpen- Ayatollahs" erzittern solle.

Auch aus der CDU gibt es erneut Stimmen, die die Schwesterpartei zur Mäßigung aufrufen. "Jegliches Sperrfeuer ist einzustellen", sagte CDU-Vizechef und Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl der Rheinischen Post. Die Parteien könnten über Sachfragen diskutieren. "Doch die Tonalität, die wir teilweise aus der CSU hören, wird als unangemessen empfunden."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4023589
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/dpa/AFP/Reuters/jael/fued/jsa
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.