Süddeutsche Zeitung

EU-Gipfel:Merkel kommt Italien und Spanien weit entgegen

Verhandlungserfolg für Rajoy und Monti: Spanische Banken können in Zukunft direkte Finanzspritzen aus den Euro-Rettungsfonds erhalten - allerdings erst, wenn eine effiziente europäische Bankenaufsicht aufgebaut ist. Außerdem soll Italien finanzielle Hilfe auch ohne ein zusätzliches Anpassungsprogramm gewährt werden, falls das Land in Not kommt.

Mit direkter Bankenhilfe und erleichtertem Zugriff auf den Euro-Rettungsschirm will die Eurozone Spanien und Italien aus der Zinsen-Falle befreien. Darauf einigten sich die 17 Staats- und Regierungschefs am Freitagmorgen in Brüssel. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy sprach von einem "Durchbruch, dass Banken direkt rekapitalisiert werden können" - allerdings erst, wenn eine effiziente europäische Aufsicht aufgebaut ist. Diese solle unter Einbeziehung der europäischen Zentralbank EZB rasch geschaffen werden, teilte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy mit. Die Regierungschefs beauftragten die EU-Kommission, zügig einen Vorschlag dafür auszuarbeiten.

Dem wirtschaftlich angeschlagenen Italien kamen Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihre Kollegen weit entgegen: Das Land schreckte bislang aus Angst vor harten Auflagen vor dem Griff zum Euro-Tropf zurück. Nun einigte sich der Gipfel darauf, spar- und reformwilligen Ländern Hilfe ohne ein zusätzliches Anpassungsprogramm zu gewähren, wie Van Rompuy verkündete. Die Regierungen müssen sich allerdings dazu verpflichten, die jährlichen Hausaufgaben der EU-Kommission rechtzeitig zu erfüllen und ihre Defizite rasch abzubauen.

Darüber hinaus sollten aber keine Auflagen gemacht werden, sagte der Chef der Euro-Gruppen-Arbeitsgruppe, Thomas Wieser. "Die Eurozone wird durch diese Einigung gestärkt", sagte Italiens Regierungschef Mario Monti. Die Einzelheiten für den erleichterten Euro-Schirm-Zugriff soll die Eurogruppe auf ihrem nächsten Treffen am 9. Juli ausarbeiten, sagte Monti. Italien könnte - sollte Rom sich entsprechend entscheiden - die Möglichkeit zum Anleihenaufkauf durch den Rettungsschirm nutzen. Für ein solches Instrument würde die Europäische Zentralbank als "Agent" fungieren, also im Auftrag des befristeten Schirms EFSF oder des künftigen Schirms ESM am Markt aktiv werden, sagte Monti.

"Eine gute Entscheidung"

Italien und Spanien hatten das Treffen der Euro-Länder beim EU-Gipfel durch eine Blockade eines EU-Wachstumspakts in Höhe von 120 Milliarden Euro erzwungen, um schnelle Hilfsmaßnahmen für sich zu erreichen. Der luxemburgische Ministerpräsident und Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker teilte mit, die beiden Länder hätten ihre Blockade gegen den Wachstumspakt nun aufgehoben.

Trotz ihrer Zugeständnisse gab sich auch Merkel zufrieden. Sie betonte, dass auch die künftige Nutzung des Rettungsschirms "im Rahmen unserer Methoden" bleibe - also keine neuen Instrumente geschaffen würden. Allerdings kam sie auch Madrid noch einen Schritt entgegen: So sollen die Europartner - wenn das geplante Hilfsprogramm für die spanischen Banken aus dem ESM kommen wird - ihren bevorzugten Status bei einer Pleite gegenüber privaten Gläubigern verlieren. Auch das ist eine Maßnahme, um das Geldleihen für Madrid billiger zu machen und private Investoren zu locken.

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe hat die Beschlüsse des Gipfeltreffens nun verteidigt. Merkel habe Versuche, eine gemeinsame Haftung für Staatsschulden einzuführen, "erfolgreich" und "unterstützt von anderen Ländern" abgewehrt, sagte er am Freitag im ZDF-Morgenmagazin. Merkel habe sich in Brüssel "mit einem klaren Nein zu fragwürdiger Vergemeinschaftung durchgesetzt". Bei den Beschlüssen zu einer leichteren Unterstützung für Banken bleibe es dabei, "dass die Haftung der Kontrolle folgt und eben Bankenhilfen erst möglich sind, wenn es auch eine europäische Bankenaufsicht gibt", sagte Gröhe.

Juncker hat sich zufrieden über das Ergebnis des EU-Gipfels geäußert. "Ich hätte mir mehr gewünscht. Und wir haben mehr erreicht, als ich dachte, dass wir erreichen würden", sagte er. Die Eurogruppe wolle sich alle Möglichkeiten offen halten, um die Finanzstabilität des Euroraums zu sichern. "Und ich bin überhaupt nicht der Auffassung, dass wir den Finanzmärkten im Detail mitteilen sollten, was wir uns überlegt haben. Es gibt eine ganze Bandbreite von Möglichkeiten, Interventionen und Maßnahmen", fügte er hinzu. Die zuständigen Stellen der Eurozone seien in der Lage, "im gegebenen Moment die Karte zu ziehen, die es auf den Tisch zu knallen gilt".

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