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EuGH-Urteil zu desertiertem Amerikaner:Deutschland muss mögliche US-Kriegsverbrechen prüfen

EuGH: Deutschland muss mögliche Kriegsverbrechen prüfen

Im Fall des desertierten US-Soldaten Andre Lawrence Shepherd müssen die Gerichte in Deutschland prüfen, ob die USA im Irak Kriegsverbrechen begangen haben. Das entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg im Streit um den in Deutschland gestellten Asylantrag Shepherds (Az: C-472/13). Ein Erfolg seines Antrags ist demnach möglich, wenn ihm als Wartungsmechaniker eine auch nur indirekte Verwicklung in solche Kriegsverbrechen gedroht hätte.

Die Entscheidung liege bei den Behörden und Gerichten in Deutschland, betonte der EuGH. Dabei sei allerdings auch zu berücksichtigen, dass der UN-Sicherheitsrat dem Verbleib der US-Truppen im Irak zugestimmt habe. Zudem müsse die Fahnenflucht die einzige Möglichkeit gewesen sein, dem Kriegseinsatz zu entgehen.

Entscheidung in München

Eine drohende Freiheitsstrafe oder die Entlassung aus der Armee könnten nicht als Asylgründe im Sinne des europäischen Rechts gelten, erklärten die Luxemburger Richter. Deshalb ist das Urteil ein Rückschlag für Shepherd, der zuvor mit drohender Haft und befürchteter unehrenhafter Entlassung aus der Armee argumentiert hatte.

Der heute 37-jährige Wartungsmechaniker für Apache-Kampfhubschrauber war desertiert, als er 2007 einen erneuten Einsatzbefehl in den Irak bekam. Er begründet seinen Asylantrag mit dem Argument, der Irakkrieg sei völkerrechtswidrig gewesen. Deswegen habe er sich nicht daran beteiligen wollen. Der aus Ohio stammende Mann beantragte Asyl in Deutschland. Die Behörden lehnten den Antrag ab.

Den Fall Shepherd muss nun das Bayerische Verwaltungsgericht entscheiden. Politisch heikel ist die Prüfung von US-Kriegsverbrechen allemal. Eine mögliche Feststellung dürfte die Beziehungen zwischen Berlin und Washington belasten.

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