EU:Zurück nach Griechenland

Aus Sicht der EU-Kommission können die Mitgliedstaaten bald wieder Flüchtlinge nach Griechenland abschieben - das erste Mal seit 2011.

Die EU-Kommission hat die Mitgliedstaaten aufgefordert, bald wieder Asylbewerber nach Griechenland abzuschieben. Betroffen wären Flüchtlinge, die vom 15. März an in Griechenland ankommen und dann entgegen den EU-Asylregeln in andere Mitgliedstaaten weiterreisen, wie die Behörde am Donnerstag mitteilte. Die Abschiebungen sind seit 2011 ausgesetzt, weil europäische Gerichte schwere Mängel im griechischen Asylsystem festgestellt hatten.

Wie die Kommission erklärte, sollen die Abschiebungen schrittweise wieder aufgenommen werden. Flüchtlinge sollen demnach nur zurückgeschickt werden, "wenn die griechischen Behörden in jedem Fall Garantien geben, dass der Asylbewerber in angemessenen Aufnahmezentren untergebracht und in Übereinstimmung mit den Standards des EU-Rechts behandelt wird". Die Rückführung von besonders gefährdeten Flüchtlingen und insbesondere unbegleiteten Kindern empfahl die Behörde ausdrücklich nicht. EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos sagte, seine Behörde könne nur Empfehlungen geben. "Letztlich liegt die Verantwortung bei den Mitgliedstaaten und ihren Gerichten." Betroffen seien nur wenige Menschen, weil die Grenzen Richtung Mazedonien und Bulgarien geschlossen blieben.

Die Dublin-Regeln der EU sehen vor, dass Flüchtlinge ihren Asylantrag in dem Land stellen müssen, in dem sie zuerst europäischen Boden betreten. Wegen der Mängel im griechischen Asylsystem hatte auch Deutschland Abschiebungen nach Griechenland 2011 ausgesetzt. Im vergangenen Jahr waren dann Hunderttausende Flüchtlinge über Griechenland und den Balkan ungehindert nach Nordeuropa und insbesondere Deutschland weitergereist.

Vize-Kommissionspräsident Frans Timmermans verwies nun auf die Fortschritte der griechischen Behörden, die Mängel im Asylsystem zu beseitigen. Die Wiederaufnahme der Abschiebungen wird aus seiner Sicht Anreize für die "irreguläre Einreise" in die EU und die Weiterreise vom Ankunftsland in andere Mitgliedstaaten beseitigen. Dies sei auch "ein wichtiger Schritt für eine Rückkehr zu einem normal funktionierenden Dublin- und Schengen-System". Die Hilfsorganisation Pro Asyl warf der Kommission vor, "die Realität in Griechenland nicht zur Kenntnis zu nehmen", wo es "kein funktionierendes Asyl- und Aufnahmesystem" gebe. Amnesty International nannte das Vorhaben "auf skandalöse Weise scheinheilig". Griechenland müsse anders als geplant stärker entlastet werden, indem Flüchtlinge auf die anderen Staaten verteilt würden.

EU Commissioner for migration and home affairs Dimitris Avramopou

Empfehlung mit erhobenem Zeigefinger: EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos betont, die Verantwortung für gefährdete Flüchtlinge liege letztlich bei den Mitgliedstaaten.

(Foto: Olivier Hoslet/dpa)

Die EU-Staaten hatten im vergangenen Jahr beschlossen, 160 000 Flüchtlinge zur Entlastung der Hauptankunftsstaaten Griechenland und Italien in andere Länder umzuverteilen. Insbesondere osteuropäische Länder weigern sich aber, an der Umverteilung teilzunehmen. Nach Angaben der Kommission wurden bisher erst 8162 Asylbewerber aus Griechenland und Italien durch andere EU-Staaten aufgenommen. Allerdings erkennt die Behörde einen positiven Trend. So würden derzeit im Monat mehr als 1000 Menschen aus Griechenland umverteilt. Dies müsse auf 2000 Menschen und bis April auf 3000 im Monat gesteigert werden, forderte Avramopoulos.

Klarheit besteht nun über neue Regeln, wie die Visa-Freiheit für Drittstaaten notfalls wieder zurückgenommen werden kann. Der Rat der EU bestätigte eine Vereinbarung mit dem EU-Parlament. Sie sieht bei Verstößen gegen das EU-Aufenthaltsrecht oder steigender Kriminalität eine Wiedereinführung der Visa-Pflicht für bestimmte Gruppen von Bürgern für zunächst neun Monate vor. Millionen Ukrainer und Georgier können nun auf baldige Visa-Freiheit hoffen.

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